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Sparen dank Bedarfsklausel? Kanton Genf will beim Kauf von grossen Medizinalgeräten mitreden

Wer einen Computertomografen kauft, muss neu auch im Kanton Genf die Regierung fragen. Das ärgert die Privatkliniken.

Die Genfer Krankenkassenprämien zählen zu den höchsten in der Schweiz, was bereits zu regelmässigen Protesten auf der Strasse führt. Der Kanton will nun alle möglichen Massnahmen ausschöpfen und bereits im Laufe des Jahres eine Bedarfsklausel für schwere Medizinalgeräte wie etwa Computer- oder Magnetresonanztomografen (MRI) einführen.

Brauchen wir das wirklich?

Für den Generalsekretär des Genfer Gesundheitsdepartements, Adrien Bron, ist klar: «Die sehr hohen Prämien ergeben sich vor allem aus den hohen Aufwendungen im ambulanten Bereich. Mehr Geräte führen zu mehr Untersuchungen und somit zu mehr Kosten.»

So wird der Kanton Genf künftig den Kauf jedes grossen Medizinalgeräts auf Herz und Nieren geprüft. Zuständig ist eine Kommission aus Medizinern, Vertretern von öffentlichen und privaten Spitälern sowie Krankenversicherern. Das letzte Wort hat die Kantonsregierung.

Privatkliniken kritisieren «Alibiübung»

Nicolas Froelicher, Vizepräsident des Verbands der Genfer Privatkliniken kritisiert: «Es ist auch eine Alibiübung. Die Massnahme bringt zwar überhaupt nichts, doch die Regierung kann vorgeben, dass sie etwas gegen die Kostensteigerung unternimmt.»

Klausel hat bereits Anhänger – und Kritiker

Auf Bundesebene war die Bedarfsklausel mehrmals gefordert und mehrmals verworfen worden. Sie war juristisch umstritten, bis sie das Bundesgericht in einem Leiturteil zum Kanton Neuenburg bestätigte.

Der Spareffekt ist ausgeblieben. Es gibt dafür nun eher zu viele Geräte.
Autor: Pierre-Frédéric Guex Präsident des Verbands der Waadtländer Privatspitäler

Auch die Waadt kennt diese Bedarfsklausel nun schon seit drei Jahren und noch bis 2021. Sie führte zu einem Wettlauf: «Kurz vor der Einführung rüsteten alle Spitäler und Kliniken auf, kauften Tomografen und MRI ein», erinnert sich Pierre-Frédéric Guex, Präsident des Verbands der Waadtländer Privatspitäler. Der erwartete Spareffekt sei überhaupt nicht eingetreten. Es gebe dafür nun eher zu viele Geräte.

Regionalspitäler mit zwiespältiger Bilanz

Skeptisch waren ehemals auch die Waadtländer Regionalspitäler, die von der öffentlichen Hand finanziert werden. Auch sie investierten am Anfang viel, sehen aber auch Gutes in der Klausel. Mit dem Gerätestopp seien beispielsweise mehrere Radiologie-Zentren in der Nachbarschaft der Spitäler verhindert worden.

Dass die Bedarfsklausel die Gesundheitskosten gesenkt hat, glaubt Patricia Albisetti, Generalsekretärin des Verbandes der Waadtländer Regionalspitäler, aber nicht: Das Kostenwachstum sei zwar leicht gebremst worden, doch Kostensenkungen seien ausgeblieben.

Maillard von Wirkung überzeugt

Für den Waadtländer Gesundheitsdirektor Pierre-Yves Maillard ist es dagegen nur eine Frage der Zeit und die Bedarfsklausel durchaus wirksam: «Wir mussten zwei Jahre lang fast alles ablehnen, um die Aufrüstung vor der Bedarfsklausel auszugleichen», so Maillard. Ab dem dritten Jahr habe es sich aber gelohnt und über die ganze Dauer von fünf Jahren gebe es sicherlich eine Kostenbremse.

Über die ganze Dauer von fünf Jahren gibt es sicherlich eine Kostenbremse.
Autor: Pierre-Yves Maillard Waadtländer Gesundheitsdirektor

Ob die Bedarfsklausel die Gesundheitskosten wirklich senkt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Angesichts der enorm hohen Krankenkassenprämien wird sie künftig dennoch fast überall in der Romandie praktiziert.

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