Die Glückskette hat Spenden gesammelt, um Corona-Projekte in der Schweiz zu finanzieren. 43.5 Millionen Franken sind zusammengekommen. Sie wurden bereits verteilt. Nun zeigt eine Untersuchung , die die Glückskette in Auftrag gegeben hat, dass diese Gelder offenbar am richtigen Ort angekommen sind. Judith Schuler, Sprecherin der Organisation, über die Art der Hilfe, die benötigt wurde.
SRF News: Wofür wurden die Spendengelder eingesetzt?
Judith Schuler: Die Hilfe ist zur Hälfte in finanzielle Unterstützung geflossen, für Menschen, die am Ende des Monats ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen konnten. Dies war oft der Fall bei jenen, die vorher schon stark armutsgefährdet waren. Die Pandemie hat das Fass dann zum Überlaufen gebracht. Ein Viertel floss in Heimlieferungen, Transporte und Pflege, vor allem von älteren Personen und auch von Personen mit Beeinträchtigungen. Weitere 10 Prozent flossen in Lebensmittelrationen.
Corona-Aktion der Glückskette
Der Bund hat Milliarden ausgegeben, um die Folgen der Pandemie aufzufangen. Dennoch spendeten offenbar viele der Glückskette.
Ich denke, all diese Menschen waren von Corona selber betroffen. Als wir die Spendensammlungen gestartet haben, waren wir auch überrascht von der ausserordentlichen Solidarität der Menschen in der Schweiz. Weil die Krise so nah war und weil jeder Einzelne von uns betroffen war, hat man sich dann auch grosszügig gezeigt. Insbesondere diejenigen, die ihr Leben ungefähr so wie vorher weiterführen konnten, also noch Arbeit hatten und so weiter, die waren sehr dankbar und waren grosszügig.
Für die internationale Hilfe hat die Glückskette rund 14.5 Millionen Franken erhalten, dreimal weniger als für die Schweiz. Sind die Leute spendabler, wenn es um ihre eigene Bevölkerung geht?
Die internationale Sammlung fand erst im Herbst statt, ein paar Monate später als die schweizerische. Viele hatten sich schon etwas an die neue Situation gewöhnt, waren eventuell weniger betroffen. Aber es gibt Erklärungsansätze, die sagen, dass die Leute immer für ihr nächstes Umfeld am grosszügigsten sind. Genau können wir das nicht sagen. Die Glückskette wird jedoch im Rahmen des 75-Jahr-Jubiläums im Dezember zusammen mit Sotomo ein Solidaritätsbarometer publizieren. Und da werden wir genau auf diese interessanten Fragen eingehen.
Wir werden unsere Hilfe für die Gruppen, die wir als besonders vulnerabel erachten, weiter ausbauen.
Sie haben die Wirkung der Sammelaktion der Glückskette untersucht. Dabei wurde klar, dass Personen, die schon vor Corona keinen Anspruch auf Hilfe der öffentlichen Hand hatten, auch jetzt Probleme hatten, an Hilfsgelder zu kommen. Wie erklären Sie sich das?
Menschen, besonders illegale Einwanderer oder Menschen mit einem unsicheren Aufenthaltsstatus, hatten Angst, diesen Status zu verlieren, wenn sie um Hilfe bitten. Oder zum Beispiel die Sexarbeiterinnen. Die hatten Angst, stigmatisiert zu werden. Und für andere war es schwierig, weil sie keinen festen Wohnsitz hatten, etwa die Jenischen, oder auch Menschen, die grundsätzlich nicht lesen und schreiben können. Die wussten einfach nicht, wo sie Hilfe bekommen.
Wie geht es nun weiter mit der Sammelaktion?
Wir werden jetzt, obwohl wir noch einige Corona-Projekte am Laufen haben, keine weiteren spezifischen Corona-Projekte mehr umsetzen. Wir werden jedoch unsere Hilfe für die Gruppen, die wir als besonders vulnerabel erachten, weiter ausbauen. Das sind Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, Jugendliche mit Schwierigkeiten in der beruflichen und sozialen Integration und die Obdachlosen.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.