Das Wichtigste in Kürze
- Weihnachtswünsche von Kindern spiegeln auch den Zeitgeist einer Gesellschaft.
- Besonders eindeutig zeigt sich dies immer dann, wenn die politischen Zeichen auf Krieg stehen. Zum Beispiel in den 1930er-Jahren: Die Firma Märklin hatte begonnen, Kriegsspielzeug herzustellen, und dieses fand reissenden Absatz.
- Aber auch Puppen spielten eine wichtige Rolle. Sie zeigten Rollenbilder. Eine ganz wichtige Puppe war die deutsche Lilli.
Bernhard Graf leitete 14 Jahre lang das Spielzeugmuseum Riehen BS. Natürlich zeige sich die Welt der Erwachsenen in der Spielzeugwelt der Kinder: «Die kleine Spielzeugwelt inspiriert sich an der grossen Welt», sagt er gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Am deutlichsten zeige sich dies in Zeiten des Krieges: «In den 1930er-Jahren nahm die Firma Märklin die politische Stimmung in Deutschland wahr.» Die Firma, die bis dahin Blechwaren für den Haushalt und später die ersten Blechspielzeuge produzierte hatte. «Märklin setzte auf die Themen, über welche die Erwachsenen und die Kinder sprachen, über Krieg und Feinde und stellte Panzer, Kanonen und Soldaten her.» Erst später wurde sie mit ihren Modelleisenbahnen weltbekannt.
Die Puppe als Abbild der Kinder – aus Sicht der Erwachsenen
Neben politischen Stimmungen und Ereignissen haben auch gesellschaftliche Entwicklungen Einfluss auf die Spielwelt der Kinder. Rollenbilder innerhalb der Familie veränderten sich, so wie auch die Rolle der Kinder in den Augen der Erwachsenen.
Bernhard Graf vergleicht zur Veranschaulichung Puppen von früher mit heutigen «Bäbis»: «Eine Porzellanpuppe von 1850 widerspiegelt eine erwachsene Frau im Kleinformat. Ein Bäbi von heute zeigt tatsächlich ein Kind, manchmal sogar ein Baby. Im 19. Jahrhundert galten Kinder in den Augen der Eltern eben als kleine Erwachsene.»
Die Geburtsstunde einer ganz besonderen Puppe
Der ehemalige Museumsleiter Bernhard Graf erzählt gerne die Geschichte einer Puppe aus der Nachkriegszeit in Deutschland. Die «Bild-Zeitung» habe damals eine Bildergeschichte für ihre Leserschaft lanciert, um an drei Tagen pro Woche die Leserinnen und Leser aufzuheitern.
Dazu habe sie das Bild einer Frau namens Lilli erfunden: «Diese Lilli war eine attraktive Frau, etwa 30 Jahre alt, schlank, hübsch und Typ Sekretärin nach allen gängigen Klischees.» Lilli war ein Erfolg und bald schon habe eine findige Firma eine dreidimensionale Puppe aus Plastik entwickelt. Lilli war dann als Puppe an Kiosken im ganzen deutschsprachigen Raum erhältlich.
Und Spielzeug-Fachmann Bernhard Graf weiss, was aus dieser Lilli später wurde: «Auch aus Übersee kamen wieder Touristen nach Europa. Die Legende erzählt, dass eine gewisse Ruth Handler aus den USA in Luzern eine Lilli gekauft und nach Hause gebracht hatte.» Sie habe dann beschlossen, selber solche Puppen herzustellen: Das war die Geburtsstunde der Barbie-Puppe.