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Ständerat will «Hörnerfranken» Neuer Anlauf für Hornkuh-Vorstoss im Parlament

Der Ständerat nimmt nach der abgelehnten Hornkuh-Initiative einen neuen Anlauf, um Kühen, Ziegen oder Schafen ihre Hörner zu lassen. Mit einem sogenannten «Hörnerfranken» will er jene belohnen, die sich für eine behornte Tierherde entscheiden.

«Hat der Mensch das Recht, Tieren Schmerzen zuzufügen und das Tier letztlich zu einem Objekt zu degradieren?» Mit diesem philosophischen Ansatz eröffnete der Solothurner Ständerat Pirmin Bischof von der Mitte-Fraktion die Diskussion zur Hornkuh-Motion.

Nein, findet SP-Ständerat Roberto Zanetti. Mit seinem Vorstoss sollen Landwirte eine Prämie erhalten, wenn sie ihre Tiere nicht enthornen. Zu stark würde den Tieren Schmerzen zugefügt. Er hat damit den Faden der 2018 abgelehnten Hornkuh-Initiative wieder aufgenommen.

Von Hornstichen bis Phantomschmerzen

Doch Landwirt und Mitte-Ständerat Peter Hegglin warnte vor den Schattenseiten des Hörnertragens. Er schilderte schreckliche Verletzungen durch Hornstiche. «Ausgestochene Augen, aufgeschlitzte Euter, Stiche in die Eingeweide und in die Lunge sind die gröberen Verletzungen.»

Zanetti konterte mit der Unfallstatistik. Dass ein Landwirt unter seinen Traktor gerate oder vom Apfelbaum falle, komme viel häufiger vor als Unfälle mit Tieren. Und trotzdem käme es niemandem in den Sinn, die Direktzahlungen für Hochstammbäume zu streichen.

Um das Leid der Tiere beim Enthornen zu spüren, empfahl Zanetti seinen Kolleginnen und Kollegen einen Selbstversuch: «Machen Sie Pedicure mit einem Heissluftgebläse, dann sehen Sie, dass das Menschenwohl auch eingeschränkt wäre.»

Die Hornanlagen werden wenige Wochen alten Kälbern mit einem Brenneisen weggebrannt. Dass sie nach der Amputation der Hörner unter Phantomschmerzen leiden, hat Hegglin bei seinen Tieren nie bemerkt.

Kein Wunder, entgegnete Motionär Zanetti unter dem Gelächter des Rats: «Phantomschmerz empfinden die Kälber und die Kühe, nicht der Bauer. Selbstverständlich haben Sie nie etwas gemerkt vom Phantomschmerz.»

Kosten von 20 Franken pro Kuh

Mit der Hornprämie müssten die Direktzahlungen für die Landwirtschaft etwa um 20 Millionen Franken pro Jahr aufgestockt werden – das würde pro Kuh 20 Franken bedeuten, rechnete FDP-Ständerat Ruedi Noser vor.

Er verglich die Lösung mit einem Ablasshandel, einer Methode aus dem Mittelalter, die bedeutet: Gnade gegen Geld. Das Tierschutzgesetz erlaube eine Enthornung, so Noser, entweder sei das zulässig oder nicht, aber: «Es mit 20 Franken pro Kuh als Ablasshandel zu definieren und zu sagen, das sei tierschutzverträglich, das geht meiner Ansicht nach nicht.»

Auch der Bundesrat stellte sich gegen eine Hornprämie von einem Franken. Bundesrat Guy Parmelin liess es sich nicht nehmen, dabei auch seinen Humor durchscheinen zu lassen. Er wehrte sich gegen die Diskriminierung und Benachteiligung von genetisch hornlosen Kühen.

Doch der Ständerat hat die Hornkuh-Motion schliesslich abgesegnet, relativ knapp. Sie geht nun in den Nationalrat.

Rendez-vous, 14.6.22, 12:30 Uhr

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