Am Schluss stand die SP alleine da. Erst im Herbst hatte die Partei noch zusammen mit den Grünen und den Jungen Grünen einen gemeinsamen Vorstoss durchs Stadtluzerner Parlament gebracht, der die Kaufkraft der Menschen stärken wollte.
Jede Einwohnerin und jeder Einwohner der Stadt sollte dazu Ende dieses Jahres 173 Franken aus der Stadtkasse erhalten, die nach den positiven Rechnungsabschlüssen der letzten Jahre gut gefüllt ist. Knapp 15 Millionen Franken hätte die Stadt für diese Aktion ausgegeben.
Doch als heute die Stadtregierung dem Parlament die Vorlage dazu unterbreitete, war die Unterstützung von grüner Seite plötzlich weg.
Grüne pflichten Kritik an «Giesskannenprinzip» bei
Es sei zwar wichtig, dass die Stadt die Menschen unterstütze, wenn die Lebenshaltungskosten plötzlich anstiegen, sagte Elias Steiner von den Grünen. Aber: «Der Effekt wird grösser, wenn man Geld zielgerichtet jenen gibt, die es auch wirklich nötig haben.» Seine Fraktion werde sich deshalb der Stimme enthalten, wenn es darum gehe, auf die Vorlage einzutreten.
Der Effekt wird grösser, wenn man Geld jenen gibt, die es auch wirklich nötig haben.
Das war die Absage der Grünen an eine Idee, die von den Bürgerlichen im Vorfeld stets als «Gieskannenprinzip» bezeichnet worden war. Die SP reagierte entsetzt. Das Verhalten der Grünen sei «komplett absurd», sagte etwa SP-Parlamentarier Claudio Soldati.
Dass nun ausgerechnet die Grünen nicht auf die Vorlage eintreten wollen, ist komplett absurd.
Ausgerechnet «eine Partei, die immer betont, wie sehr ihr die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen am Herzen liegen», bringe es nicht fertig, nun Haltung zu zeigen.
Es half nichts: Die Grünen liessen sich nicht erweichen und enthielten sich der Stimme. Damit scheiterte die 173-Franken-Geldspritze für alle.
Kein Geschenk für alle, dafür eines für wenige
Doch die Grünen hatten sich diese Stimmenthaltung etwas kosten lassen – nämlich die Unterstützung der bürgerlichen FDP in einer anderen Vorlage: die Erhöhung der sogenannten Heizkostenzulage.
Von dieser Zulage profitieren sollen armutsgefährdete Personen, deren Finanzen wegen gestiegener Heizkosten zusätzlich unter Druck geraten sind. Die Stadtregierung wollte dafür 4.6 Millionen Franken zur Verfügung stellen, die Ratslinke forderte 9.2 Millionen Franken. Auf bürgerlicher Seite erklärte sich die FDP bereit, das Ansinnen zu unterstützen – wenn die Grünen die 173-Franken-Idee fallen liessen.
Die Heizkostenvorlage nahm die Hürde im Parlament daher problemlos, auch wenn vereinzelt der Vorwurf des «Kuhhandels» laut wurde. Rund 13'000 Haushalte können nun mit Unterstützungszahlungen von 300 bis 1000 Franken rechnen.
Zustupf hätte Inflation zusätzlich verschärfen können
Bezugsberechtigt sind Menschen, die Prämienverbilligungen beziehen. Das sei eine sinnvolle Massnahme, meint Christoph Hauser, Professor für Wirtschaftspolitik an der Hochschule Luzern.
«Mit der Prämienverbilligung wird ein bestehendes Kriterium genutzt, von dem man ableiten kann, dass jemand Unterstützung wirklich nötig hat aufgrund der Energiekosten, die stark gestiegen sind», sagt er.
Anders beurteilt er das gescheiterte Projekt eines 173-Franken-Geschenks an alle. «Die Ursache dieser Idee ist die Inflation, doch es ist fraglich, ob es wirklich der richtige Zeitpunkt gewesen wäre, um die Kaufkraft derart in der Breite zu unterstützen», sagt Hauser.
Die Konjunktur laufe gut – vor diesem Hintergrund hätte ein Geschenk von 15 Millionen Franken an die Luzerner Stadtbevölkerung die Inflation gar weiter anheizen können.