Stau am Gotthard? Nichts Neues. Ob Ostern, Pfingsten oder der Start in die Sommerferien: Der oder die Individualreisende begibt sich in die Blechschlange gen Süden. Die Ausweichroute für viele Deutschschweizer führt über die A13 und den San Bernardino.
40 Kilometer Stau, Autos auf Velowegen
So geschehen auch dieses Pfingstwochenende. Zwischenzeitlich stauten sich die Autos von der Fahrspurverengung in Reichenau GR bis nach Trübbach SG, teilte die Stadtpolizei Chur am Montag mit. Das sind etwa 40 Kilometer Stau. Mehrere Lenker wichen zwischen Trimmis und Chur gar auf Velowege aus, hiess es weiter. Diese mussten zur Umkehr aufgefordert werden.
Die Folge des Staus auf der Autobahn waren überlastete Strassen und chaotische Verhältnisse in den Dörfern. Im Kanton Graubünden, zum Beispiel in Bonaduz und Rhäzüns, handelten die Behörden schon an Ostern: Die Durchreisenden wurden in einem Pilotversuch mithilfe von Polizeipatrouillen, Verkehrsregelungsdiensten privater Unternehmen und entsprechender Signalisation am Abbiegen in die beiden Orte gehindert.
Polizei stösst mit Kontrollen schnell an seine Grenzen
An Auffahrt und jetzt an Pfingsten wurde das Projekt zusätzlich in Fürstenau und Cazis weitergeführt. Wer auf gewissen Abschnitten ab der Autobahn fuhr, sah sich zwangsläufig mit orangen Tafeln konfrontiert. Roman Rüegg, Mediensprecher der Kantonspolizei Graubünden, sagt: «Am Samstag wurden die Massnahmen eingehalten, weil sie personell begleitet wurden.» Sein Fazit: «Es hat sich gezeigt, dass die Signalisation alleine wohl nicht ausreicht.» Solche Massnahmen seien nur so gut, wie sie auch eingehalten würden.
Es hat sich gezeigt, dass die Signalisation alleine wohl nicht ausreicht.
Einen genauen Personalaufwand kann die Kantonspolizei nicht benennen. Rüegg sagt aber: «Der Mitteleinsatz ist für ein solches Verkehrsregime ziemlich gebunden.» Heisst: Braucht es so viele Kontrollen, stösst die Polizei an ihre Grenzen. Jetzt folge eine Analyse der gewonnenen Erkenntnisse aus den drei Wochenenden von Ostern, Auffahrt und Pfingsten, so Rüegg. «Für detaillierte Aussagen ist es noch zu früh.»
St. Gallen macht (noch) nicht mit
Kein Pilotprojekt gibt es im Kanton St. Gallen. Die problematischen Abschnitte der A13 befinden sich hier zwischen dem Walensee von Zürich her und der Kantonsgrenze bei Bad Ragaz. Der dortige Gemeinderat beantragte im letzten Herbst Massnahmen beim Bundesamt für Strassen (Astra). Denn auch der Kurort ist vom Durchgangsverkehr stark betroffen.
St. Gallen war bislang nicht Teil des Pilotversuchs in Graubünden. Für den Bad Ragazer Gemeindepräsidenten Daniel Bühler ist das unverständlich: «Die Vertreter des Kantons müssen bei der Analyse der Pilotprojekte in Graubünden miteinbezogen werden. Wir können nicht begreifen, dass man das nicht gemeinsam macht.» Er denke dabei nicht in Kantonsgrenzen, sondern in Wirtschaftsräumen.
Astra schiebt Problem auf Herbst
Bühler sieht nicht nur die Lebensqualität seiner Bevölkerung eingeschränkt. Der Verkehr habe auch Konsequenzen für die Blaulichtorganisationen: «Unsere Feuerwehrleute kommen nicht mehr ins Depot, weil die Strassen verstopft sind.»
Das Astra will sich erst im Herbst mit dem Problem in der Region beschäftigen. Dann soll auch die Analyse aus dem Bündner Pilotversuch abgeschlossen sein. So will man im Winter gewappnet sein, wenn wieder schöne Skitage in Aussicht sind und Touristenscharen in die Berge locken.