Jeden Abend steht die Schweiz im Stau. Neben den Pendlerinnen und Pendlern in den Autos stauen vielerorts auch die Busse. Dieses Bild zeigt sich etwa in Aarau. Am Abend überlagert sich der Berufsverkehr mit dem Freizeitverkehr.
«Am Mittwoch ist es am schlimmsten», sagt Peter Baertschiger, Geschäftsführer des Busbetriebs Aarau (BBA). «Aus dem ganzen Kanton kommen dann alle nach Aarau, die frei haben. Viele kommen mit dem Auto. Am schlimmsten wird es, wenn es nach einem schönen Tag gegen 16 Uhr regnet. Dann ist die Stadt dicht. Plötzlich kommt kein Bus mehr. Dabei wollen alle, die zu Fuss unterwegs sind, auf den Bus.» Bei vollen Bussen geht das Aus- und Einsteigen zudem länger, was zu noch mehr Verspätung und Stau führt.
Jeden Abend zweieinhalb Stunden Stau
In Aarau stehen die Busse jeden Tag im Stau – aber nur am Abend. Nach zwei bis zweieinhalb Stunden beruhigt sich die Situation wieder. «Das Fahrpersonal weiss: ab 19:30 ist es wieder gut. Ich mache niemandem einen Vorwurf, der eine Viertelstunde Verspätung hat. Man kann nur dann fahren, wenn es fährt», meint Fahrdienstleiter Stefan Schönenberger.
Schönenberger hat in der Leitstelle die Busse im Überblick. In Aarau ist diese nur am Abend besetzt – im Gegensatz zu grossen Städten. Auf den Bildschirmen sieht er die Lage der aller BBA-Busse in Echtzeit. Und er sieht auch, wo sich in Aarau der Verkehr staut und wie viel Verspätung jeder einzelne Bus hat.
Mehr Busse helfen nicht
Bei grosser Verspätung stecken alle Aarauer Busse im Stau. An den Haltestellen warten die Passagiere. Immer steht zwar ein zusätzlicher Bus mit Chauffeur bereit. Im Normalfall schickt die Leitstelle aber nicht mehr Busse auf die Routen. «Dann würden einfach mehr Busse im Stau stehen. Und irgendwann sind wir ‹ausgeschossen›. Busse hätte es vielleicht noch, aber keine Chauffeure mehr», erklärt BBA-Chef Baertschiger die Situation.
Der Fahrdienstleiter auf der Leitstelle verteilt in solchen Situationen die Busse besser auf den Linien. So, dass wieder regelmässig einer an jeder Haltestelle vorbeikommt. An der Endstation fährt der Bus nicht die gleiche Strecke zurück, sondern ausserhalb der Stadt Aarau an einen anderen Endhalt.
Keine einfachen Lösungen
Muss man den allabendlichen Stau in den Innenstädten einfach akzeptieren? Wenn Platz vorhanden ist, können separate Busspuren helfen, meint Ueli Haefeli. Pförtneranlagen mit Ampeln findet der Verkehrsexperte des Instituts Interface in Luzern fallweise auch sinnvoll. Auch mehr Strassen könnten Abhilfe schaffen. Jede neue Strasse schaffe aber mehr Verkehr.
Experte Haefeli plädiert darum unter anderem für Mobility Pricing. In Zeiten hoher Verkehrsbelastung würde Autofahren in der Stadt eine Gebühr kosten. Auch die Busbillette wären teurer. Dies soll dazu führen, dass nicht alle gleichzeitig unterwegs sind. Das System wäre insgesamt gleichmässiger ausgelastet.
Allerdings: Über Mobility Pricing wird in der Schweiz seit Jahrzehnten erfolglos diskutiert. Anders in London oder schwedischen und italienischen Städten, die eine Maut für den motorisierten Verkehr kennen.
Helfen würde mehr Verdichtung, meint Ueli Haefeli: «Dass man im näheren Raum wohnen, einkaufen und arbeiten kann und dadurch weniger Verkehr generiert.» Einen grossen Umbau bräuchte es aber gar nicht. Wenn jede Person fünf Prozent weniger unterwegs wäre, dann wären laut Haefeli die meisten Probleme auf der Strasse bereits gelöst.