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Staus an der Grenze Güterverkehr auf der Schiene ist derzeit im Vorteil

Während Lastwagen wegen Grenzkontrollen in Staus stecken, ist die Güterbahn kaum betroffen und hat sogar neue Aufträge.

Während der Personenverkehr drastisch zurückgeht, soll der internationale Güterverkehr trotz Grenzkontrollen und Grenzschliessungen in ganz Europa möglichst problemlos aufrechterhalten werden.

Sein Unternehmen komme kaum nach mit Lebensmitteltransporten, sagt Daniel Schöni, Inhaber des gleichnamigen Transportunternehmens. Von Rothrist (AG) aus fährt ein grosser Teil seiner Lastwagen auch ins Ausland, vor allem nach Italien «Wir haben Anfragen von Lebensmittelherstellern für 30 bis 60 Zusatzladungen in den nächsten Wochen, um die Versorgung in der Schweiz sicherzustellen.» Man habe Angst, sagt Schöni, dass die Grenze zugehen könnte und dass man zu wenig Nachschub liefern könne.

Nicht mehr alle fahren nach Italien

Die Staus an den Grenzen wegen der Kontrollen sind für Schöni aber ein vergleichsweise kleines Problem: «Viele grosse europäische Transportunternehmen haben ihre Dienste für gewisse Länder eingestellt. Viele Kunden sind derzeit verzweifelt auf der Suche nach möglichen Transporteuren, die etwa nach Italien fahren. Aber auch gewisse Fahrer wollen nicht mehr in alle Länder fahren.»

Dank der langjährigen Erfahrung im Verkehr mit Italien, habe sein Unternehmen aber einen Weg gefunden, um weiter funktionieren zu können. «Wir haben eine Flotte in Italien. Diese fährt ins Land und wieder zurück zum Begegnungspunkt in Norditalien. Dort übernehmen andere Sattelzugmaschinen die Aufleger und bringen diese in die Schweiz und dann zurück.» Damit entstünden möglichst keine menschlichen Berührungspunkte und die Chauffeure blieben beim Umladen in der Kabine, erklärt Schöni.

Bahn hat kaum Probleme

Während der Transport auf der Strasse mit erheblichen Problemen kämpft, bleibt die Bahn relativ verschont. Sven Flore, Chef von SBB Cargo International sagt, er spüre zwar den Rückgang im Container-Transport von den grossen Häfen stark.

Anders sehe es aus beim intermodalen Verkehr, bei dem Lastwagen-Anhänger auf einen Zug geladen werden. «Diese kommen im Wesentlichen aus dem Strassenverkehr und da kann man erkennen, dass Kunden anfangen, sich für die Eisenbahn zu interessieren.»

SBB Cargo International hat in den letzten Jahren viel Geld in die sogenannte Interoperabilität gesteckt hat. Sie hat Lokomotiven gekauft und Lokführer ausgebildet hat, die ohne Wechsel über die Grenzen fahren können. Damit hofft Sven Flore, dass die aktuelle Situation gar zu einer langfristigen Verlagerung von der Strasse auf die Schiene führt: «Wir können so praktisch coronafrei über weite Strecken Güter transportieren.»

Es braucht Lastwagen und Bahn

Dass der Gütertransport auf der Schiene aktuell eher im Vorteil ist, glaubt auch Lastwagen-Transporteur Daniel Schöni. Er ist froh, dass er seinen Kunden auch Bahntransporte anbieten kann: «Wir haben je einen eigenen Zug, der einmal pro Tag nach Süden fährt und einen in der Gegenrichtung. Je nachdem, welche Massnahmen noch beschlossen werden, müssten wir komplett von der Strasse auf die Bahn verlagern. Aber die Bahn wird diese Kapazitäten nie und nimmer bereitstellen können.»

In diesen herausfordernden Zeiten im Gütertransport kann niemand wirklich profitieren. SBB Cargo International verzeichnet trotz neuer Kunden einen Umsatzrückgang von rund fünf Prozent. Und Schöni Transport AG muss Kurzarbeit beantragen, weil das Unternehmen in den kommenden Wochen mit einem deutlichen Rückgang der Transporte rechnet.

«Echo der Zeit», 17.03.2020, 18:00 Uhr

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