Die Absicht ist schon länger klar: Der Aargau will steuerlich attraktiver werden. Im Mai 2022 hat das Volk tiefere Gewinnsteuern für Firmen beschlossen. Im März dieses Jahres ging das Kantonsparlament einen Schritt weiter und entschied – gegen die Stimmen linker Parteien – eine Strategie, welche zusätzliche Steuersenkungen vorsieht. Das Ziel ist laut Regierung die «Stärkung als Wirtschafts- und Wohnkanton».
Konkret will Finanzdirektor Markus Dieth (Mitte) nun «in die Top 10» kommen bei den Vermögenssteuern. Der Aargau sei zwar attraktiv für Menschen mit tiefen und mittleren Vermögen. Ab einer Million Franken Vermögen aber stehe man gerade gegenüber Zentralschweizer Kantonen zurück.
Nidwalden, Obwalden, Schwyz oder Zug sind attraktiver für reiche Menschen, wie ein Vergleich der Aargauer Steuerbehörde zeigt. Dabei seien gerade diese vermögenden Menschen für den Wohlstand des Kantons bedeutend, erklärt Finanzdirektor Markus Dieth: «Sechs Prozent der Bevölkerung bezahlen drei Viertel der Vermögenssteuern. Es ist also sehr wichtig, dass diese Menschen im Kanton bleiben.»
Die Zentralschweiz muss nicht zittern
Es gibt keine Statistik, die beweist, dass vermögende Menschen wegen der Steuerbelastung den Aargau verlassen haben. Der Finanzdirektor möchte aber vorbeugen. Und es gehe ihm um die Standortattraktivität als Ganzes. Auch für internationale Firmen, die ihren Sitz in die Schweiz verlegen wollen, seien die Vermögenssteuern ausschlaggebend, heisst es im Bericht der Regierung.
«International tätige Unternehmen legen Wert auch auf gute steuerliche Bedingungen für ihre Mitarbeitenden, insbesondere die höheren Kader. Hier besteht die Herausforderung, dass der Aargau gar nicht auf die Shortlist der Relocation-Firmen gelangt und damit auch nie an diesem hart umkämpften Standortwettbewerb teilnehmen kann», heisst es wörtlich.
Allerdings: Der Aargau würde auch nach einer Annahme dieser Steuersenkungen nicht zu einem «Steuerparadies». Bei Vermögen bis zu fünf Millionen wäre man in den Top Ten – für Vermögen ab fünf Millionen schafft es der Mittellandkanton nur auf Platz 11. Zudem sind auch die Einkommenssteuern im Aargau höher als in vielen anderen Kantonen. Und: Die Steuern auf Liegenschaften steigen – die Senkung der Vermögenssteuern soll auch diese zusätzliche Belastung ausgleichen.
Steuerwettbewerb bleibt umstritten
Entscheiden wird das Kantonsparlament – die Regierung schickt ihre Ideen nun in die Vernehmlassung. In ersten Stellungnahmen der Aargauer Parteien wird die Steuersenkung vor allem von bürgerlichen Kreisen begrüsst. SP, Grünen und Grünliberalen geht die Senkung der Vermögenssteuern allerdings zu weit.
Umstritten bleibt dabei die Frage, ob tiefere Steuern tatsächlich zu «dynamischen Effekten» führen – also dazu, dass neue vermögende Menschen in den Kanton ziehen und sich damit die Steuereinnahmen erhöhen, trotz tieferen Ansätzen.
Selbstverständlich ist der Aargau auch nicht der einzige Kanton, welcher an seinen Steuergesetzen arbeitet. Der Kanton Luzern plant beispielsweise ebenfalls eine Steuerreform 2025. Darin sind unter anderem höhere Abzüge für die Kinderbetreuung vorgesehen. Eine Massnahme, die auch im aktuellen Aargauer Steuerpaket vorgesehen ist.
Der Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen – und damit insbesondere auch zwischen dem Aargau und der Zentralschweiz – dürfte also weitergehen.