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Stiller Protest Veganer besuchen Schlachthof

Tierrechtler halten regelmässig Mahnwachen vor Schlachthöfen. Die «Rundschau» begleitet einen von ihnen ins Innere.

Sie reisen an, wenn noch kein Bus und keine S-Bahn fährt. 75 Aktivisten der Tierrechtsbewegung «Zurich Animal Save» stehen morgens um halb fünf vor dem Schlachthof. Wenn ein Transporter mit lebenden Tieren eintrifft, stellen sie sich ihm in den Weg. Der Chauffeur muss anhalten.

Die Aktivisten bitten den Fahrer, dass er ein paar Minuten anhält und sie währenddessen die Tiere filmen dürfen. Diese Bilder wollen sie in den sozialen Medien veröffentlichen und den Schweinen und Rindern so ein Gesicht geben. Rund jeder zweite Chauffeur macht mit.

Schweizweite Proteste

Seit rund zwei Jahren protestiert die Bewegung in Zürich, Basel, Luzern, St. Gallen, Thun, Wohlen, Schwyz und Oensingen. Früher nur sporadisch, seit diesem Jahr an einigen Orten jede Woche – so auch in Zürich.

«Zurich Animal Save» ist ein Ableger von «The Save Movement». Die Bewegung wurde 2011 in Kanada gegründet und verbreitet sich rasant. Die Forderung der Aktivisten ist radikal: Die Nutzung von Tieren soll gänzlich abgeschafft werden – denn Tiere seien eigene Individuen.

Kompromissloser Veganer

Silvano Lieger gehört zu den Organisatoren von «Zurich Animal Save». Der ehemalige Werber war 23 Jahre lang Fleischesser. Nun lebt er vegan. Und dies kompromisslos. Lieger weigert sich sogar, an Weihnachten mit seiner Familie an einem Tisch zu sitzen, wenn Fleisch gegessen wird. «Für mich ist es schwierig, wenn jemand einen Körper isst», sagt er.

Mit dem Schlachthof-Direktor aus Zürich, Hans Rudolf Hofer, hat Lieger ein recht entspanntes Verhältnis – trotz des wöchentlichen Protestes. Er ist mit dem Direktor per Du, darf in seinem Hof die Leitern deponieren, die die Aktivisten brauchen, um durch die Luken der Lastwagen zu filmen. Nach jeder Aktion treffen sich die beiden zu einem Debriefing.

Hofer sagt über die Tierrechtler: «Ich kann nachvollziehen, dass jemand nicht will, dass Tiere geschlachtet werden. Die Meinungen sind frei.» Als Schlachthofbetreiber habe er natürlich komplett gegensätzliche Interessen. Trotzdem: Der Schlachthof-Direktor hat den Tier-Aktivisten Lieger zu einem Rundgang durch seinen Betrieb eingeladen.

«Trauer, wenn ich das sehe»

Hier erlebt Lieger, wie die Kälber seine Hand lecken, weil sie nach Milch suchen. Wenige Minuten später sieht er sie an einem Haken hängen, ohne Fell, mit Blut, das zu Boden tropft. «Ich empfinde Trauer, wenn ich das sehe», sagt Silvano Lieger. «Stellen Sie sich vor, das wären Hunde. Der Protest wäre riesig.»

Schlachthof-Direktor Hofer kann den Vergleich nicht nachvollziehen. «Für mich sind das Nutztiere. Wenn ich so ein schönes Tier sehe, denke ich an ein saftiges Steak.» Hofer sagt aber auch: «Es ist ein Lebewesen, das Angst und Schmerz empfindet. Wir müssen möglichst gut umgehen damit, damit das Tier auf dem letzten Weg nicht unnötig Angst empfindet.»

Den Aktivisten von «The Save Movement» reicht das nicht. Sie hoffen, mit ihren Aktionen möglichst viele Menschen vom Fleischkonsum abzuhalten.

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