Das Resultat fiel zwar knapp, aber ganz zur Freude vieler politisch interessierter Jugendlichen aus. Der Nationalrat stimmte am Mittwoch mit 99 zu 90 Stimmen bei drei Enthaltungen im Sinne der parlamentarischen Initiative «Der Jugend eine Stimme geben». Der Vorstoss fordert das aktive Stimm- und Wahlrechtsalter 16 in der Schweiz.
Wichtiges Zeichen auf nationaler Ebene
Die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage führen ins Feld, dass bereits zahlreiche Kantone entsprechende Vorstösse abgeschmettert hätten. Das ist in der Tat der Fall. Bis jetzt hat nur der Kanton Glarus ein aktives Stimm- und Wahlrecht auf kantonaler Ebene eingeführt. Das war vor 15 Jahren. Seither haben Kantone wie Uri, Luzern, Schaffhausen, Freiburg oder die Waadt der Senkung des Stimm- und Wahlrechtsalters eine Abfuhr erteilt.
Schaut man sich die Begründungen genauer an, stellt man aber fest, dass eines der Hauptargumente immer wieder lautete: «Solange auf nationaler Ebene nichts passiert, sollen nicht die Kantone vorpreschen.» Man spielte sich also den Ball in den vergangenen Jahren gegenseitig zu. Nun hat der Nationalrat in dieser Debatte ein wichtiges Zeichen gesetzt.
Weitere Abstimmungen in Kantonen folgen
Inwiefern sich der Entscheid des Nationalrats auf die kommenden Abstimmungen in den Kantonen auswirkt, wird sich schon bald zeigen. Bereits am 15. Mai stimmt der Kanton Zürich an der Urne über die Einführung des aktiven Stimm- und Wahlrechts 16 auf kantonaler Ebene ab. Im Kanton Bern kommt eine gleiche Vorlage voraussichtlich im Herbst vors Volk.
In zahlreichen weiteren Kantonen, darunter Genf, Wallis, Graubünden oder dem Tessin, wird die Senkung des Stimmrechtsalters auf kantonaler Ebene ebenfalls noch diskutiert. Im Kanton Aargau wollen Jungparteien das Stimmrechtsalter 16 mit einer Initiative an die Urne bringen.
Wechselwirkung zwischen Bund und Kantonen
Wird die Weichenstellung des Nationalrats nun der Senkung des Stimmrechtsalters 16 auf kantonaler Ebene frischen Aufwind verleihen? Zwei Szenarien sind denkbar.
Erstens: Der Entscheid des Nationalrats führt bei den bis jetzt zögernden Kantonen zu einem Stimmungswechsel. Aufgrund der vom Parlament vorgegebenen Stossrichtung sehen sich die Kantone bei der Einführung des Stimmrechtsalters 16 auf kantonaler Ebene bestärkt und sie tragen die Haltung des nationalen Parlaments mit.
Würden bevölkerungsreiche Kantone wie Bern und Zürich dem Stimm- und Wahlrecht 16 auf kantonaler Ebene zustimmen, dürfte dies wiederum die Dynamik der weiteren Debatten auf nationaler Ebene beeinflussen. Durch einen sichtbar wachsenden Rückhalt der Kantone hätte das Wahl- und Stimmrecht 16 auch auf nationaler Ebene bessere Chancen.
Oder das zweite Szenario: Die Kantone schicken die Vorstösse bachab, mit der Begründung, dass das Vorhaben nun auf nationaler Ebene konkreter angegangen werde und Abstimmungen auf kantonaler Ebene überflüssig scheinen. Bei dieser Argumentation gilt es jedoch zu bedenken, dass der Vorlage auf nationalem Terrain noch grosse Stolpersteine im Weg liegen.
Noch ein langer Weg
Bevor das Stimm- und Wahlrecht 16 auf nationaler Ebene eingeführt würde, müsste es noch mehrere Hürden bewältigen. Die zuständige Kommission arbeitet nun eine Vorlage aus. Diese müsste dann von beiden Parlamentskammern gutgeheissen werden. Am Schluss käme es zu einer Volksabstimmung, bei der es sowohl das Volks- wie auch das Ständemehr bräuchte. Bis dahin dürfte es noch mehrere Jahre dauern.