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Streit um Spitzenmedizin Kampf der Spitäler – auf Kosten der Patienten?

Künftig sollen weniger Kliniken hochkomplexe medizinische Leistungen anbieten dürfen. Betroffene Spitäler wehren sich.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Unter den Krankenhäusern herrscht seit Jahren ein Streit darüber, welche Spitäler welche Leistungen anbieten dürfen.
  • Nun sollen nur noch ausgewählte Kliniken hochkomplexe medizinische Leistungen anbieten dürfen.
  • Speziell im Bereich der hochspezialisierten Medizin stockt diese Entwicklung, denn viele Spitäler wehren sich gegen eine Konzentration der Leistungen auf wenige Spitäler.

Pierre-Alain Clavien ist Direktor der Klinik für Bauchchirurgie USZ. Er kämpft an vorderster Front für eine Konzentration der hochspezialisierten Bauchchirurgie. Clavien ist der Meinung, dass eine Konzentrierung sehr wichtig sei, sowohl für die Patienten als auch für die Qualität, Sicherheit und Entwicklung der Medizin.

Oftmals würden Patienten Wochen nach den Komplikationen ins Unispital Zürich verlegt – leider oft in einem ganz schlechten Allgemeinzustand. Dann müsste das Unispital wieder die Unerfahrenheit kleinerer Kliniken ausbaden. «Das ist oft eine Katastrophe», führt Clavien aus.

Fehler während der Behandlung

Sandra Rott erkrankte vor drei Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sie war in verschiedenen Spitälern und hat sich unzähligen Eingriffen unterzogen. «Ich war nicht mehr ganz bei Bewusstsein und mein Freund hat dann den Notdienst angerufen», erzählt Rott. Als sie in die Klinik zurück wollte in der sie betreut wurde, konnte sie aufgrund von Platzmangel nicht aufgenommen werden.

Bei der Behandlung von Sandra Rott passierten Fehler. Beim Eingriff am Bauch verletzten frühere Ärzte ihren Darm und entliessen sie mit lebensgefährlichen Verletzungen aus dem Krankenhaus. Heute ist sie Patientin am Unispital Zürich.

Erika Ziltener, Präsidentin Schweizerische Patientenstellen, weiss, dass dieser Fall leider keine Ausnahme ist. Gerade in der hochspezialisierten Medizin würden kleinere Spitäler die Patienten in Notfallsituationen oft allein lassen.

Ziltener sagt dazu: «Wir fordern, dass Leute mit schweren Erkrankungen in einem Zentrumsspital operiert werden, wo die Infrastrukturen stimmen, die Kontinuität gewährleistet ist, wo das medizinische Fachwissen abrufbar ist – und selbstverständlich, dass auch die Fallzahlen stimmen.»

Fachspezialisten sind vorhanden

Etliche Spitäler, welche weniger als zehn Eingriffe pro Jahr durchführen, bieten verschiedene hochkomplexe Leistungen der Bauchchirurgie an. Dazu gehört auch das Kantonsspital Glarus. Der Geschäftsleiter vom Kantonsspital Glarus, Markus Hauser, hat mittels Beschwerde erwirkt, dass das Spital die Leistungen – trotz geringer Fallzahlen – noch anbieten darf.

«Einerseits werden Patienten dann auch für einfachere Eingriffe in Zentrums- oder Universitätsspitäler abwandern und andererseits wird die Arbeitsplatzattraktivität abnehmen. So würde man keinen Bauchchirurgen mehr bei uns hier finden», erklärt Hauser. Der Patient stehe natürlich schon an oberster Stelle, aber sie würden sich diese Leistungen auch zutrauen, weil sie ausgerüstet seien und die entsprechenden Fachspezialisten vorhanden seien.

Wenn es nach dem Spezialisten Pierre-Alain Clavien gehen würde, sollten künftig nur noch fünf bis acht Zentren komplexe Baucheingriffe anbieten dürfen. Ob dem in der Schweiz entsprochen werden kann, wird sich zeigen.

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