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Streit um Wahlkampf-Auftritte Cavusoglu fordert Entschuldigung der Niederlande

Der türkische Aussenminister bezeichnet bei einem Besuch im französischen Metz die Niederlande als «Zentrum des Faschismus».

Das Wichtigste in Kürze

  • Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu ist vor Landsleuten bei einer Veranstaltung in Metz in Frankreich auftreten. Dabei bezeichnete er die Niederlande als «Zentrum des Faschismus» .
  • Zuvor forderte Cavusoglu eine Entschuldigung der Niederlande .
  • Hintergrund ist das Einreiseverbot , mit dem gestern ein Besuch des türkischen Aussenministers in Rotterdam verhindert wurde.
  • Am Sonntag war ursprünglich ein Auftritt Cavusoglus in der Schweiz geplant gewesen. Dieser ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

Die Wahlkampf-Reisen türkischer Politiker in Europa hinterlassen tiefe Spuren diplomatischer Verstimmungen. Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu bezeichnet bei einem Besuch im französischen Metz die Niederlande als «Zentrum des Faschismus». Zudem droht er den Niederlanden mit Konsequenzen, sollten sie sich nicht entschuldigen.

Hintergrund des Ärgers von Cavusoglu ist ein verhinderter Wahlkampfauftritt am Samstag in Rotterdam. Nach Sanktionsdrohungen aus Ankara verhängten die Niederlande Einreiseverbote für Cavusoglu und die Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya.

Die Antwort darauf werde in der «schwersten Art und Weise» ausfallen, drohte daraufhin der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim. Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte am Sonntag erneut. «Sie werden sicher den Preis bezahlen und lernen, was Diplomatie ist. Wir werden ihnen internationale Diplomatie beibringen», sagte Erdogan in einer Rede bei einer Preisverleihung in Istanbul.

Das französische Aussenministerium hatte die Türkei aufgefordert, Provokationen zu unterlassen. Zugleich hatte es zur Entspannung in den Beziehungen zwischen der Türkei und diversen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union aufgerufen.

Die Niederlande meldeten sich ebenfalls zu Wort: Ministerpräsident Mark Rutte wolle alles in seiner Macht stehende unternehmen, um den Konflikt mit der Türkei zu entschärfen, teilte die Regierung mit. Mit Blick auf Drohungen aus Ankara, Wirtschaftssanktionen zu verhängen, stelle Rutte aber auch klar, dass sich die Niederlande nicht erpressen liessen.

Ursprünglich wäre für Sonntagabend ein Auftritt des türkischen Aussenministers in der Schweiz geplant gewesen. Doch Münir Sarucan, Vizegeschäftsführer der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die den Anlass organisiert hatte, bestätigte eine Annullierung des Auftritts der «SonntagsZeitung».

Der Vorsitzende von UETD İsviçre [Schweiz], Murat Şahin , postete auf seiner Facebook-Seite: «Liebe Freunde, wir nähern uns dem Referendum und während dieser Zeit haben wir eifrig gearbeitet. Ich weiss, Sie alle sind begeistert über die Begegnung mit unserem Minister für Auswärtige Angelegenheiten der Türkei in der Schweiz. Herr Minister Cavusoglus für morgen [Sonntag] geplanter Besuch in der Schweiz ist auf einen anderen Zeitpunkt verschoben worden.» [maschinell übersetzt]

Erleichterung in Zürich

Im Kanton Zürich nahm der kantonale Sicherheitsdirektor Mario Fehr mit grosser Erleichterung von der Absage Cavusoglus Kenntnis. Damit habe eine akute Gefährdung der öffentlichen Sicherheit abgewendet werden können, teilte die Zürcher Sicherheitsdirektion am Samstagabend mit.

Man ging davon aus, dass sowohl regierungsnahe wie auch regierungskritische Gruppierungen von im Ausland lebenden türkischen Staatsbürgern den Auftritt Cavusoglus zum Anlass für Demonstrationen genommen hätten. Es sei deshalb mit Zusammenstössen zu rechnen gewesen, erklärte die Sicherheitsdirektion.

Meinungäusserungsfreiheit hoch halten

Die Schweiz hätte eine Einreise Cavusoglus in der Schweiz nicht verhindert. Am Freitagabend teilte Bundesrat Didier Burkhalter dem Westschweizer Radio RTS mit, die Grundrechte und die freie Meinungsäusserung dürften nicht eingeschränkt werden. Die Situation werde aber im Stundentakt analysiert.

Burkhalter wies darauf hin, dass auch Kurdenführer sich letztes Jahr in der Schweiz hätten frei äussern können. Die Schweiz habe nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016 in der Türkei eine klare Haltung eingenommen, sagte Burkhalter. Praktisch monatlich gebe es Kontakte mit der Türkei auf verschiedenen Niveaus.

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