Das Wichtigste in Kürze
- Seit Anfang Jahr häufen sich die Bussen für Zolldeklaranten. Wer beim Ausfüllen der Formulare nur den kleinsten Fehler macht, muss mit einer Busse rechnen.
- Grund ist ein strengeres Durchgreifen der Eidgenössischen Zollverwaltung. Sie hat seit Januar bereits Tausende Strafverfahren eröffnet – wegen Bagatellen.
- Bei den Betroffenen regt sich Widerstand.
Zolldeklaranten sind jene Berufsleute, die beim Im- und Export die Papiere für den Zoll bearbeiten. Manchmal machen sie dabei Fehler – sie verwechseln eine Zahl oder vertippen sich.
Das kann teuer werden. Seit Anfang Jahr gibt es dafür Bussen bis 1500 Franken, sagt Franz Schneider vom Speditionsverband Spedlogswiss, der selber bei einem Zolldienstleister arbeitet. Hunderte Zolldeklaranten seien betroffen. «Ich sehe es aus eigener Betroffenheit: In unserer Firma kommt jeder Dritte irgendwann einmal zum Zug. Das heisst: Ein Schreibfehler passiert und ein Strafverfahren wird eröffnet.» Allein die Firma, bei der er arbeite, zahle jeden Monat bis zu 10'000 Franken an Bussen. Hinzu komme der administrative Aufwand.
Wie viele solcher Strafverfahren wegen Schreibfehlern seit Anfang Jahr eröffnet wurden, dazu kann die Eidgenössische Zollverwaltung keine Angaben machen. Auf Anfrage bestätigt sie aber, die Anzahl Strafverfahren habe sich seit Anfang Jahr etwa verdreifacht. Seit 2017 würden neu auch «offensichtliche Rechen- oder Tippfehler» geahndet.
Ich sehe es aus eigener Betroffenheit: In unserer Firma kommt jeder Dritte irgendwann einmal zum Zug.
Grund für das harte Durchgreifen: Die Eidgenössische Finanzkontrolle pocht darauf, dass das Zollgesetz richtig umgesetzt wird. Sie hat die Zollverwaltung angewiesen, die Strafpraxis zu verschärfen. Das führe zu weit, sagt Schneider vom Speditionsverband an die Adresse der Finanzkontrolle. «Ich denke, dass da wirklich über das Ziel hinausgeschossen wurde.»
Die Eidgenössische Finanzkontrolle selber setzt sich erklärtermassen zum Ziel, sie bekämpfe «übertriebenen Formalismus»; und sie sei darauf «bedacht, Empfehlungen abzugeben, deren Wirtschaftlichkeit unbestritten ist».
Ich denke, dass da wirklich über das Ziel hinausgeschossen wurde.
Gilt das auch in diesem Fall? Der Direktor der Finanzkontrolle, Michel Huissoud, antwortet: Noch wichtiger sei in diesem Fall, dass schlicht das Gesetz eingehalten werde, denn: «Wir müssen zwischen Rechtmässigkeit und Wirtschaftlichkeit abwägen. Es stimmt, wir sind gegen Formalismus, wir verzichten daher auch oft auf eine Empfehlung – dann, wenn wir der Meinung sind, das bringe keinen gossen Mehrwert.»
In diesem Fall aber gehe der Buchstaben des Zollgesetzes vor. Und: Dieses verlange nun einmal auch bei Flüchtigkeitsfehlern Strafen – so wollte es das Parlament sogar explizit. Dass die Zollverwaltung Schreibfehler ahnden solle, habe im Übrigen das Bundesamt für Justiz in einem Gutachten bestätigt.
Wir müssen zwischen Rechtmässigkeit und Wirtschaftlichkeit abwägen.
Doch die strikte Regel gilt vielleicht nicht mehr lange: Der Bundesrat jedenfalls ist mit einer Gesetzesänderung einverstanden, schrieb er soeben in seiner Antwort auf einen Vorstoss aus dem Parlament.