Es war eine Premiere, als 2019 auf dem Bözberg im Aargau die erste unterirdische Hochspannungsleitung der Schweiz gebaut wurde. Auf 1.3 Kilometern Länge wurde die 380-Kilovolt-Leitung verlegt. Anwohnerinnen und Anwohner hatten 30 Jahre lang dafür gekämpft, dass die Hochspannungsleitung über ihren Köpfen verschwindet und in den Boden verlegt wird. 2020 ging die Leitung ans Netz.
Es gab aber auch offene Fragen: Was macht ein Hochspannungskabel mit den Lebewesen im Boden? Lohnt sich das 20-Millionen-Franken-Projekt auch umwelttechnisch? Die Bauherrin und Stromnetzbetreiberin Swissgrid liess die Auswirkungen der Starkstromleitung auf Regenwürmer, Pilze und Bakterien im Boden untersuchen. Die Studie kommt zum Schluss, dass das Kabel das Erdreich nicht gross verändert.
Erste Schweizer Erdverkabelung auf dem Bözberg
Die Studie wurde durch die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) durchgeführt. Sie zeigt, dass das Erdkabel den Boden erwärmt. «Ab Juni/Juli 2020 werden geringfügige, aber doch systematische Abweichungen der Bodentemperaturen zwischen Erdkabel und ungestörten Kontrollböden in einem Meter Tiefe gemessen», schreibt Swissgrid. Die Abweichungen seien aber weniger als ein Grad Celsius.
Fast noch mehr Regenwürmer
Auch den Tieren scheint das Starkstromkabel im Boden nicht zu schaden, besagt die Studie: «Generell sind die Regenwurm-Populationen durch Terrain-Umgestaltungen und Erdkabel nicht negativ beeinflusst worden.» Bei den untersuchten Regenwurm-Populationen habe es zwischen den ungestörten Kontrollböden und Böden über dem Erdkabel keine signifikanten Unterschiede gegeben. Man habe gar mehr Regenwürmer im Boden in Kabelnähe gezählt als rundherum, sagt Jan Schenk, Mediensprecher Projekte bei Swissgrid.
Auch die Bodenqualität über dem Kabel sei nicht gross anders als in Böden in der Nähe ohne Kabel. «Die Böden über dem Kabelrohrblock zeigten sogar eine leicht erhöhte Bodenatmungstätigkeit gegenüber den Kontrollböden, was auf eine erhöhte biologische Aktivität in diesen Böden hinweist.» Die Böden seien gut durchlüftet, sie seien durch das Arbeiten in der Region mit schweren Maschinen nicht verdichtet worden, kommt die Studie zum Schluss.
Weg frei für mehr Erdkabel?
Wenn durch Erdkabel das grosse Massensterben der Lebewesen ausbleibt, wäre das ein Argument für all jene, die die hohen Strommasten aus der Landschaft weghaben möchten und sich für Leitungen im Boden starkmachen. «Für Swissgrid sind die Erkenntnisse wichtig. Wir wissen jetzt, wie sich das auf die Umwelt auswirkt», sagt Jan Schenk von Swissgrid.
Wir wissen jetzt, wie sich ein Hochspannungs-Erdkabel auf die Umwelt auswirkt.
Eine Hürde gibt es allerdings auf dem Weg zu mehr Erdverkabelungen: Sie sind deutlich teurer als herkömmliche Starkstromleitungen. Am Schluss entscheide der Bundesrat, wo und wie eine Hochspannungsleitung gebaut werde, hält Swissgrid fest. Man könne aber sicherlich aus der Aargauer Premiere lernen für künftige Projekte.
Das Ziel sei immer ein leistungsfähiges, stabiles und wirtschaftliches Stromnetz, hält Swissgrid fest. «Erdverkabelte Leitungen benötigen grosse Anlagen. Es braucht Übergangsbauwerke, wo die Kabel in die Erde ein- und austreten. Der Aufwand für die Stabilität einer solchen Leitung ist gross», erklärt Jan Schenk. Es folgen weitere Untersuchungen und nach total fünf Jahren ziehe Swissgrid dann ein ganzheitlicheres Fazit.