Wenn von 200 Sitzen im Nationalrat und 46 Sitzen im Ständerat die Rede ist, sind selten wirklich die Stühle gemeint, auf denen die Politikerinnen und Politiker sitzen. Und doch braucht es sie natürlich für die Ratssessionen. Hergestellt wurden sie in der Möbelmanufaktur Horgenglarus.
1902 stattete die Möbelfabrik das Bundeshaus mit Stühlen aus und restauriert sie auch heute noch.
Im Ständerat gepolstert, im Nationalrat geflochten
Dass er auf einem Stuhl aus seinem Heimatkanton politisieren darf, freut den Glarner Ständerat Mathias Zopfi: «Das ist natürlich ganz speziell.» Die Stühle seien alt, aber bequem. «Im Ständerat sind die Stühle sehr gut gepolstert.»
Während die Sitze im Ständerat ein mit Leder eingefasstes Rückenpolster haben, sind die Rückenlehnen der Stühle im Nationalrat geflochten. Bequem scheinen aber auch diese zu sein. «Die Stühle sind hervorragend. Man sitzt sehr gut», sagt der Bündner Nationalrat Martin Candinas.
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Bild 1 von 3. Zeitlos elegant: Seit über 100 Jahren sitzen die Ständerätinnen und Ständeräte auf Stühlen mit einer ledernen Rückenlehne. Der Bezug wurde seither nur einmal erneuert. Bildquelle: Keystone / Peter Klaunzer.
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Bild 2 von 3. Ab den 1970er-Jahren hatten auch die Stühle im Nationalrat ein Rückenpolster aus Leder. Bildquelle: Keystone / Lukas Lehmann.
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Bild 3 von 3. Seit der Renovation des Nationalratssaal 2008 sind die Stühle wieder mit geflochtener Rückenlehne ausgestattet. Bildquelle: Keystone / Peter Klaunzer.
Blick in die Geschichtsbücher
Kurz nach der Eröffnung 1902 hatten sowohl die Stühle im National- als auch im Ständerat geflochtene Rückenlehnen. Wenig später, in den 1910er-Jahren, erhielten die Ständeräte gepolsterte Lehnen aus Leder. In den 1970er-Jahren wurden auch die Stühle im Nationalrat gepolstert.
2008 wurden nicht nur die Parlamentssäle renoviert, sondern auch die Stühle darin. Jene im Ständerat erhielten neue Polster, jene im Nationalrat wurden hingegen wieder in den Originalzustand versetzt, mit geflochtener Rückenlehne. Zudem erhielten sie neue Sitzkissen.
Reparaturservice mehrmals im Jahr
Die Rückenlehnen und die Sitzflächen seien denn auch jene Teile der Stühle, die am meisten repariert werden müssten, so die Firma Horgenglarus.
Nach jeder Session des Parlaments, also viermal im Jahr, reist ein Mitarbeiter der Manufaktur nach Bern ins Bundeshaus und kontrolliert jeden Stuhl.
Spannweite zwischen Normalität und Exklusivität
Horgenglarus stellt am Standort Glarus jährlich bis zu 20'000 Stühle her, darunter exklusive Designerstücke, aber vor allem auch klassische Beizenstühle. Auf diesen sitzt man in der Kronenhalle in Zürich, in der Gotthard-Raststätte in Erstfeld oder im Rathaus in Bern.
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Bild 1 von 4. Horgenglarus wurde 1880 in Horgen gegründet und produziert seit 1902 in Glarus Stühle und Tische. Es ist die älteste Möbelfabrik der Schweiz. Bildquelle: Keystone / Gaetan Bally.
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Bild 2 von 4. Die Fabrik bezieht seit über 95 Jahren ihr Holz von einem Sägewerk im Jura. Bildquelle: Keystone / Gaetan Bally.
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Bild 3 von 4. Das Herzstück eines jeden Stuhls: die Zarge, der Rahmen für die Sitzfläche. Dafür werden die Holzlatten bedampft und dann gebogen. Bildquelle: Keystone / Gaetan Bally.
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Bild 4 von 4. Jedes Stuhlteil wird mit einer kleinen Maschine von Hand geschliffen. Bildquelle: Keystone / Gaetan Bally.
Mit einer 144-jährigen Firmengeschichte ist Horgenglarus die älteste Möbelfabrik der Schweiz.