Das romantische Bild des Traktors, der sein Güllenfass in der Abendsonne über das Feld zieht und hinten raus spritzt der Mist nach links und rechts, oben und unten – so wird noch heute mehrheitlich «bschüttet».
Das soll spätestens ab 2024 gänzlich der Vergangenheit angehören. Mit dem Schleppschlauch-Obligatorium will der Bund die schädlichen Ammoniakemissionen deutlich senken. 90 Prozent der Emissionen in der Schweiz stammen aus der Landwirtschaft, ein Grossteil davon entsteht beim Güllen.
Warum der Thurgau vorpreschte
Der Kanton Thurgau ist zusammen mit Luzern vorgeprescht und hat das Obligatorium bereits auf das Jahr 2022 eingeführt. Zum Unmut von Bauern und beispielsweise dem Thurgauer Bauernverband. Dessen Co-Präsident Daniel Vetterli sagt: «Teilweise sind Landwirte fundamental dagegen, teilweise hapert es an der Umsetzung. Da gibt es Fragen, die nicht abschliessend geklärt sind, was zu einem Unmut führt. Das ist auch der Kern des Widerstands.»
Es gibt Fragen, die nicht abschliessend geklärt sind, was zu einem Unmut führt.
Warum ging der Kanton Thurgau beim Schleppschlauch-Obligatorium so voran, zwei Jahre vor der bundesweiten Regelung? Sebastian Menzel, Abteilungsleiter beim Thurgauer Landwirtschaftsamt, sagt: «Bedingt durch die hohe Tierkonzentration im Kanton war ein gewisser Druck da, Möglichkeiten schneller zu finden als andere Kantone.»
Steigende Kosten, steigender Druck
Einzelne Landwirte stellt dieses Vorpreschen vor Probleme. Alwin Stoller führt in Romanshorn einen Betrieb mit 50 Milchkühen. Für ihn kommt die Pflicht zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: «Wir haben auf der ganzen Breite steigende Kosten, hinzu kommt der Druck beim Milchpreis. Jetzt noch dieses Obligatorium. Wir haben dem Kanton das alles bereits erzählt. Aber da hat man kein Gehör.»
Dort sei man, so Menzel vom Landwirtschaftsamt, laufend in Gesprächen mit den Bauern, um gute Lösungen zu finden. «Es gab einzelne kritische Stimmen», sagt er. Es gibt auch Chancen auf Ausnahmebewilligungen, so beispielsweise, wenn man wegen Hanglage die Schleppschläuche nicht einsetzen kann.
Finanziell wird seit Januar 2022 der Einsatz eines Schleppschuhs (ähnlich dem Schleppschlauch) oder eines Gülledrills (einfacher Verteiler) im Thurgau mit 15 Franken pro Hektare und Ausbringung gefördert.
Konsequenzen erst ab 2024
Bei Nichteinhaltung des Obligatoriums drohen vorerst auch noch keine finanziellen Konsequenzen: «Das hat in den Jahren 2022 und 2023 keine Auswirkungen auf die Direktzahlungen», sagt Menzel. Für Bauern wie Alwin Stoller bleibt es trotz aller Gegenwehr ein Müssen: «Wir kommen nicht drumherum. Wir machen das jetzt einfach, zähneknirschend.»