Der 10. März 2019 wird einem «Espresso»-Hörer aus Kleindöttingen im Kanton Aargau noch lange in Erinnerung bleiben. An diesem Tag wütet Sturm «Eberhard» und lässt in 80 Metern Entfernung einen Baum auf die Starkstromleitung fallen.
Schäden im Wert von 5000 Franken
Die Folge: Zwei Explosionen, ein riesiger Lichtbogen und Stromausfall. «Wir erschraken extrem und dachten zuerst, es sei etwas beim nahen Atomkraftwerk Beznau passiert», erzählt der Anwohner dem SRF-Konsumentenmagazin. Zum Glück nicht. Doch durch die Explosion gingen zig Haushaltgeräte kaputt: Spülmaschine, Fernseher, Raumtrockner, Stereoanlage, Kaffeemaschine und diverse Kleingeräte. Summe der Schäden: rund 5000 Franken.
Dasselbe auch in der Nachbarschaft: Waschmaschine, Tumbler, Computer – alles nicht mehr brauchbar. Auch die Strassenbeleuchtung der Gemeinde ist kaputt.
Beim Aargauische Elektrizitätswerk AEW heisst es, man kläre zusammen mit der Netzbetreiberin ab, wer für die Schäden aufkommt. Bis dahin solle man die Geräte flicken lassen oder ersetzen, und die Rechnungskopien einschicken.
Langes Warten auf die schlechte Nachricht
Fast zwei Monate lang hören die Betroffenen nichts mehr, bis endlich klar ist: Die Netzbetreiberin Swissgrid übernimmt zwar, aber nur den Zeitwert. Das heisst, nur das, was diese Geräte heute noch wert sind. So sei es im Haftpflichtrecht geregelt. Ein Beispiel: Eine siebenjährige Waschmaschine hat den Zeitwert Null.
Dank der kulanten Hausratversicherung, die freiwillig zahlt, bleibt die Familie aus dem Aargau schlussendlich «nur» auf dem Selbstbehalt von 500 Franken sitzen. Der Nachbar mit einem Schaden von mehr als 15'000 Franken auf mehreren tausend Franken.
«Espresso» hakt bei Swissgrid nach. Doch die Netzbetreiberin bleibt hart: Die Haftpflichtversicherung zahle per Definition immer den Zeitwert. Dass das lokale Elektrizitätswerk die Kommunikation übernahm und es so lange dauerte, bis die Sache geklärt war, sei aber ein Fehler gewesen, sagt Swissgrid: «Es handelt sich um einen sehr seltenen Fall einer Stromnetzstörung, in den der lokale Netzbetreiber nicht involviert ist. Swissgrid hat sich auf die übliche Kommunikation verlassen und damit einen Fehler gemacht. Wir bedauern, dass wir nicht früher vor Ort waren und haben uns dafür bei den Betroffenen entschuldigt.»
Und wieso nicht einfach kulant zeigen, wenn es sich um ein so seltenes Ereignis handelt? Dazu schreibt Swissgrid lediglich: «Swissgrid ist ein staatsnahes Unternehmen mit einem regulierten Geschäftsmodell».
«Nutzungsrecht würde ich nicht mehr geben»
Was den betroffenen Anwohner in Kleindöttingen stört: So ein Unfall könnte theoretisch wieder passieren. Dass er kurz vor dem Sturm der Netzbetreiberin weitere 25 Jahre das Recht erteilte, die Hochspannungsleitung über sein Grundstück zu führen, bereut er heute. Als Privater oder Gemeinde würde er es sich gut überlegen, Swissgrid so ein Nutzungsrecht zu geben. Und wenn er heute mit seinem Hund am Waldrand unter der Hochspannungsleitung spazieren geht, bleibt ein ungutes Gefühl.