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Suche nach Film-Statisten Casting-Firma mit zu hohen Gebühren und ohne Bewilligung

  • Unter dem Namen Casting-Time sucht eine Firma Talente für Auftritte in Filmen und Werbungen.
  • Für eine Anmeldegebühr von 270 Franken im Jahr verspricht sie monatlich Job-Angebote.
  • Laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft SECO ist diese Gebühr jedoch viel zu hoch. Zudem habe Casting-Time keine Bewilligung für diese Vermittlungstätigkeit.
  • Das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich ist deshalb aktiv geworden.

Eine erfahrene TV- und Werbespot-Statistin ist auf ein Inserat von Casting-Time gestossen. Man suche Statisten. Sie meldete sich per Mail und erhielt auch eine Antwort. Sie sei ausgewählt worden, man habe aber gesehen, dass sie noch nicht Mitglied sei.

So soll man sich bei Casting-Time anmelden

Mit dem Mail erhielt sie ein Anmeldeformular mit drei Möglichkeiten: Einer Mitgliedschaft für sechs Monate für 190 Franken, einer Mitgliedschaft für zwölf Monate für 270 Franken und eine Gratis-Anmeldung. Bei den bezahlten Mitgliedschaften seien eine Garantie für Job-Angebote und aktive Vermittlung dabei.

«Gage wäre 1300 gewesen»

Die Frau entschied sich für die kostenlose Variante und erhielt zur Antwort: «Ist schade, dass Du jetzt die nächsten Jobs nicht sofort bekommen kannst mit Registrierung ohne Garantie. Der jetzige Werbedreh wäre mit Gage 1300 gewesen.»

Den praktisch identischen Mailverkehr erhielt das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» auch von einer anderen erfahrenen Statistin. Beide sagen, eine Bezahlung im Voraus sei für Statistenjobs unüblich in der Branche. Das bestätigen auf Anfrage auch mehrere renommierte Casting-Firmen.

Störend finden alle die Höhe der Anmeldegebühr. «Espresso» legt das Anmeldeformular von Casting-Time dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) vor. Dieses schreibt: «Die Vermittlungstätigkeit muss nach dem Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG) ganz klar als bewilligungspflichtig beurteilt werden. Nach den Vorgaben des AVG dürfte keine so hohe Summe vorab verlangt werden, sondern maximal eine Einschreibgebühr von 45 Franken.»

Das SECO hat daher das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich (AWA) informiert. Casting-Time hat gemäss Homepage seine Schweizer Niederlassung in Zürich. Und das AWA ist nun aktiv geworden. Man teile die Auffassung des SECO, schreibt es und weiter: «Der Betrieb wurde angeschrieben und aufgefordert, ein Bewilligungsgesuch mit den entsprechenden Unterlagen einzureichen.» Die Firma Casting-Time hat also ohne Bewilligung und zu überhöhten Tarifen gearbeitet.

Tipps für Statisten in Film, TV und Werbung

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Registrierung/Anmeldung:

  • Für kleinere Statistenjobs ist es unnötig, einer Casting-Firma eine Gebühr zu bezahlen. Es gibt genügend sogenannte Caster, bei denen man sich gratis in eine Kartei aufnehmen lassen kann.
  • Wenn eine Einschreibegebühr verlangt wird, dann dürfen es maximal 45 Franken sein.

Bezahlung/Entschädigung:

  • In der Regel wird die Casting-Firma von der Filmproduktion bezahlt, damit sie Statisten sucht. Die Statisten wiederum werden direkt von der Filmproduktion entschädigt.
  • Manchmal verrechnen eine Casting- oder Modelagentur auch eine Vermittlungsprovision. Diese darf sie aber nur im Erfolgsfall tun. Die Provision beträgt laut Gesetz maximal 12 Prozent bis fünf Arbeitstage und 10 Prozent für längere Einsätze (für Model-Einsätze), oder 12,5 Prozent bis fünf Arbeitstage oder 10 Prozent für längere Einsätze (bei Schauspielern oder Statisten).

Seriosität:

  • Überprüfen, wie sich eine Casting-Firma präsentiert: Gibt es klare Kontaktperson, eine Telefonnummer und eine Firmenadresse vor Ort? Gibt es überprüfbare Referenzen? Was sagen Bewertungen und Erfahrungsberichte im Internet? Hat die Firma eine Bewilligung? Ist sie im Handelsregister eingetragen?

Keine Stellungnahme von «Casting-Time»

Wer hinter Casting-Time steckt, ist unklar. Auf der Homepage wird als Firmensitz London genannt. Niederlassungen gebe es in Mailand, Berlin, Florida und Zürich. Genaue Adressen finden sich aber ebenso wenig wie Einträge im Handelsregister.

Als Ansprechperson wird eine Angela Costa genannt. Diese weigert sich, gegenüber «Espresso» Stellung zu nehmen, wenn das Konsumentenmagazin nicht den Namen der Frau bekanntgebe, die sich gemeldet habe. Und sie droht gleich mit Klagen wegen Rufschädigung und übler Nachrede. Auch auf mehrmaliges Nachhaken blieben sämtliche Fragen zum Geschäftsmodell, zu Geschäftspartnern und zum Hintergrund von Casting-Time unbeantwortet.

«Espresso» hat auch mehrere Werbeproduktionsfirmen, Fotografen, Model- und Casting-Firmen angefragt, ob ihnen Casting-Time bekannt sei. Keine der angefragten Firmen hat je mit Casting-Time zusammengearbeitet, nur den wenigsten war der Name überhaupt bekannt. Das Geschäftsmodell scheint gemäss den vorliegenden Informationen lediglich darin zu bestehen, dass Casting-Time Inserate von anderen weiterleitet, welche Statisten suchen.

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