- Die Schuldenbremse umgehen, zu Gunsten einer rascheren Aufrüstung: In der SVP galt das lange als Tabu.
- Doch dieses Tabu bröckelt: Erste Ständeräte zeigen sich offen für Zusatzmilliarden für die Armee – an der Schuldenbremse vorbei.
- In der SRF-«Samstagsrundschau» gibt SVP-Ständerätin und Finanzpolitikerin Esther Friedli Gegensteuer. Die Partei ist uneins.
Anderswo sparen, um Geld freizubekommen für die Armee. Nach der Debatte im Ständerat über das Entlastungspaket scheint klar: Dieser Plan wird kaum funktionieren. Der Ständerat hat das Sparprogramm bereits um ein Drittel schrumpfen lassen. Somit dürfte bereits ab übernächstem Jahr das Geld fehlen, um nur schon die bereits geplante Aufstockung des Armeebudgets zu finanzieren. Darüber hinaus ruft Verteidigungsminister Martin Pfister mehr oder weniger offen nach zusätzlichen Mitteln, um alle 36 Kampfjets vom Typ F-35 kaufen zu können. Armeevertreter signalisieren zudem, dass es etwa für die Luftabwehr ebenfalls zusätzliches Geld brauche.
SVP-Ständeräte offen für Umgehung der Schuldenbremse
Mitte-Politikerinnen und -Politiker sind seit längerem offen für eine Umgehung der Schuldenbremse für mehr Armeegelder. Und seit Kurzem gibt es auch Stimmen in der SVP, die das nicht mehr ausschliessen: Die einflussreichen Ständeräte Werner Salzmann und Jakob Stark haben sich kürzlich in der «NZZ am Sonntag» offen gezeigt, für eine ausserordentliche Finanzierung – heisst: an der Schuldenbremse vorbei.
«Die Bedrohungslage ist so gestiegen, dass wir uns keine Experimente mehr leisten können», so der einflussreiche Sicherheitspolitiker Salzmann gegenüber der Zeitung. Und weiter: «Sollte die Finanzierung nicht ordentlich gelingen, muss eine ausserordentliche Finanzierung geprüft werden.»
Friedli: Zuerst die Strategie, dann das Geld
Salzmanns Partei- und Ratskollegin Esther Friedli aber bremst. Sie wolle zuerst Antworten von Bundesrat Martin Pfister und seinem Verteidigungsdepartement VBS: «Mit Geld allein lösen wir keine Probleme. Es braucht eine Strategie. Diese fehlt mir nach wie vor», sagt Friedli in der «Samstagsrundschau».
Sie erwarte auch Reformen im VBS. Es gebe dort immer noch einen Wasserkopf, der wenig zu tun habe mit der Verteidigungsfähigkeit. Auch habe das VBS in der Vergangenheit nicht gerade brilliert bei Rüstungsprojekten.
Die Schuldenbremse dürfe man auf keinen Fall anritzen, sagt Friedli. Wenn man damit anfange, kämen sofort die nächsten Begehrlichkeiten. «Man würde die Büchse der Pandora öffnen.» Ablehnend hat sich vor wenigen Wochen auch SVP-Präsident Marcel Dettling geäussert. Die SVP sei sich uneinig, sagt Friedli. «Es braucht noch interne Diskussionen».
Höhere Mehrwertsteuer chancenlos vor Volk?
Der Druck aber nimmt zu. Der Verband Militärischer Gesellschaften Schweiz forderte am Freitag «sehr schnell sehr viel mehr Geld für die Armee». Eine Lockerung der Schuldenbremse ist für die Miliz-Vereinigung eine «gangbare Option». Auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu Gunsten der Aufrüstung sei ein Lösungsansatz.
Laut Medienberichten plant auch Verteidigungsminister Pfister, dem Parlament eine höhere Mehrwertsteuer vorzuschlagen. SVP-Finanzpolitikerin Friedli gibt auch hier Gegensteuer. «Für eine höhere Mehrwertsteuer braucht es erst recht einen klaren Plan und eine klare Strategie. Sonst hat das beim Volk keine Chance», so Friedli. Die SVP-Finanzpolitikerin also bremst – während ausserhalb, aber auch innerhalb ihrer Partei die Stimmen für rasch mehr Geld lauter werden.