- Die Abgabe vieler in der Schweiz erhältlicher Medikamente wird künftig strenger gehandhabt.
- Zwei Drittel der strenger kontrollierten Arzneimittel enhalten Opiatderivate wie etwa Codein oder Dextromethorphan.
- Diese Arzneimittel sind nach wie vor ohne ärztliches Rezept erhältlich und können vom Apotheker persönlich abgegeben werden. Voraussetzung ist allerdings ein Beratungsgespräch in Verbindung mit der Dokumentation der Abgabe.
- Viele Arzneimittel sind in Zukunft derweil einfacher erhältlich. Eine Fachberatung durch Medizinalperson ist nicht mehr nötig.
Arzneimittel, deren Abgabe ab 2019 strenger gehandhabt wird, bergen laut Swissmedic zwei Risiken. Zum einen bestehe «erhebliches Missbrauchspotenzial». Zum anderen könnten sich «schwerwiegende Wechselwirkungen» ergeben. Swissmedic ist die Zulassungs- und Kontrollbehörde für Heilmittel in der Schweiz.
Kritisch sieht man diese Neuerung sowohl beim Konsumentenforum wie auch bei der Vereinigung der Pharmafirmen in der Schweiz (Vips). Diese schätzt aufgrund von eigenen Berechnungen, dass dadurch Zusatzkosten in der Höhe von 50 bis 100 Millionen Franken jährlich entstehen, sagt Vips-Geschäftsführer Ernst Niemack gegenüber SRF. «Mit der neuen Rezept- oder Dokumentationspflicht für Medikamente wie codeinhaltige Hustensirups oder Nasensprays widerspricht diese Neuerung eindeutig dem ursprünglichen Willen dieser Neuerung, die Selbstmedikation zu stärken.»
«Ohne Not verkompliziert»
Babette Sigg, Präsidentin des Konsumentforums kf kritisiert: «Ohne Not wird etwas verkompliziert. Man nimmt den Konsumenten die Eigenverantwortung weg. Wir verstehen nicht, was daran gut sein soll.» Das Argument, dass durch die neue Dokumentationspflicht Suchtprävention betrieben werden könne, zieht für Sigg nicht: «Ein Süchtiger wechselt dann einfach jedes Mal die Apotheke, um zu seinem codeinhaltigen Hustensirup zu kommen. Die Folge für jemanden, der mit einer Erkältung zu Hause im Bett liegt ist, dass man persönlich in die Apotheke oder zum Arzt gehen muss, um einen Hustensirup zu bekommen. Man kann dann nicht mehr den Partner oder die Partnerin schicken.»
Für die Apotheker ändere sich in der Praxis allerdings nicht viel, sagt Enea Martinelli, Spitalapotheker in Interlaken: «Der grösste Teil der Apotheken dokumentiert bereits heute die Abgabe von codeinhaltigen Hustensäften.»
Kategorie | A Verschreibungspflichtig | B Verschreibungspflichtig |
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Abgabestelle | Arztpraxis, Apotheke | Arztpraxis, Apotheke |
Abgabe | Einmal auf ärztliche Verschreibung |
a) auf ärztliche Verschreibung b) persönliche Abgabe durch Apotheke, dokumentiert |
Dokumentationspflicht | Ja | Ja |
Beispiel | Antibiotika | Blutdruckmittel, Hustensäfte |