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Gewerkschaften verlieren an Einfluss
Aus Tagesschau vom 01.05.2022.
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Tag der Arbeit «Die Macht der Gewerkschaften ist nicht einfach gebrochen»

Erstmals seit zwei Jahren durften die Kundgebungen zum Tag der Arbeit wieder ohne Corona-Einschränkungen stattfinden. Dennoch war die Pandemie am 1. Mai präsent, denn das Komitee legte den Fokus auf das Thema Gesundheitspolitik. In diesem Feld könnten Gewerkschaften noch neue Mitglieder gewinnen, die sie dringend brauchen, sagt die Politologin Nadja Mosimann.

Nadja Mosimann

Nadja Mosimann

Politologin

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Nadja Mosimann ist seit Januar 2018 Oberassistentin am Lehrstuhl für Schweizer Politik und Vergleichende politische Ökonomie an der Universität Zürich. Ihre Forschung fokussiert auf die Effekte von Gruppenzugehörigkeiten auf politisches Wissen, politische Präferenzen und politische Partizipation im Kontext von Ungleichheit.

SRF News: Hat das diesjährige Thema des Tages der Arbeit den Gewerkschaften geholfen?

Nadja Mosimann: Ich denke, mit dem Fokus auf die Gesundheitspolitik wollte das Komitee ein bisschen auf der Pandemiewelle mitreiten. Aus gewerkschaftlicher Sicht ist das sinnvoll für die Mobilisierung. Zum einen ergibt das Sinn, um etwas Agenda Setting zu betreiben. Zum anderen ist die Gesundheitspolitik ein Bereich, in dem durchaus noch Mitglieder rekrutiert werden können.

Wie gut können Gewerkschaften denn heute noch mobilisieren?

Gewerkschaften fällt es zunehmend schwerer, Mitglieder zu mobilisieren. Ich denke, dafür gibt es verschiedene Gründe. Einerseits war die Pandemie sicherlich nicht zuträglich.

Gewerkschaften gelingt es heute noch gut, für politische Anliegen zu mobilisieren.

Andererseits spielt der Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt eine Rolle – also dieses Wegsterben grosser Fabriken, das es einfacher machte, auf einen Schlag Tausende Industriearbeiter zu mobilisieren. Das ist heute gerade im stark wachsenden Dienstleistungssektor eher schwierig. Dort hat man oft eine Vielzahl von Arbeitgebern.

Haben Gewerkschaften in allen Lebensbereichen Macht eingebüsst?

Gewerkschaften gelingt es heute noch gut, für politische Anliegen zu mobilisieren. Das hat auch damit zu tun, dass die Gewerkschaften in der Schweiz dank Vernehmlassungsverfahren einen direkten Zugang zur Politik haben. Die politische Macht der Gewerkschaften ist daher nicht einfach gebrochen.

Die 1960er-Jahre waren die Spitzenzeit für Gewerkschaften. Wo stehen wir heute?

In den 1960er-Jahren waren rund 31 Prozent der Beschäftigten Mitglied einer Gewerkschaft. Heute ist dieser Anteil gefallen auf weit unter 20 Prozent. Das hat mit Strategien der Gewerkschaften zu tun, aber auch mit Entwicklungen, die ausserhalb ihrer Kontrolle liegen.

Es gibt zwar immer mehr Frauen in Gewerkschaften, aber es fällt ihnen immer noch schwer, Frauen zu organisieren.

Dazu beigetragen haben die Globalisierung, welche die Macht wieder vermehrt auf die Seite der Arbeitgeber verlegt, und die erwähnte Verlagerung von Jobs aus der Industrie in den Dienstleistungssektor. Zudem sind Jobs gewachsen, die vor allem von Frauen besetzt werden – und bei diesen scheinen Gewerkschaften ein Problem mit der Organisation zu haben.

Warum können Gewerkschaften bei Frauen nicht stärker mobilisieren?

Der Frauenanteil in Gewerkschaften wächst zwar – aber auf tiefem Niveau. Gesamtschweizerisch liegt er bei etwas über 30 Prozent. Da gibt es aber natürlich grosse Varianz innerhalb der Gewerkschaften. Beim VPOD oder bei Künstlerverbänden sind weit über 50 Prozent der Mitglieder weiblich, bei der Unia sind es weniger als 30 Prozent. Es gibt zwar immer mehr Frauen in Gewerkschaften, aber es fällt den Organisationen immer noch schwer, Frauen zu organisieren.

Wo müssen Gewerkschaften in Zukunft sonst noch zulegen?

Die Gewerkschaften sollten sicher im Lobbying fit bleiben und vielleicht auch darum bemüht sein, Parlamentarierinnen und Parlamentarier in ihren Reihen zu haben. Dieser direkte Zugang zur Politik ist wichtig und den nutzen Gewerkschaften mit direktdemokratischen Instrumenten wie die Vernehmlassungen bereits.

Das Gespräch führte Marc Bodenmann.

Tagesschau, 01.05.2022, 13:00 Uhr;

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