Das Wichtigste in Kürze
- Wenn ein Kunde im Tankstellenshop «vergisst», für die Tankfüllung zu bezahlen, muss der Betrieb für den Schaden aufkommen.
- Doch gibt es immer wieder Tankstellenbetreiber, die ihre Angestellten nötigen, für Schwarztanker persönlich gerade zu stehen.
- Geht nicht, sagt die Gewerkschaft.
Beim SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» hat sich eine Frau gemeldet, die für eine grosse Tankstellenkette arbeitet. Sie macht ihren Job extrem gern. Doch etwas belastet sie: Ihr Chef verlangt vom ganzen Verkäuferteam des Tankstellenshops, dass sie für nicht bezahlte Tankfüllungen persönlich geradestehen. Sie müssen den nicht bezahlten Betrag selber berappen.
Wie Russisch Roulette
Für die Betroffenen eine unerträgliche Belastung. Es sei wie beim Russisch Roulette: Man wisse nie, wen es als nächstes treffe. Wenn draussen an der Zapfsäule das Warnsignal angehe, weil die Tankfüllung nicht bezahlt worden ist, fahre einem als Angestellter der Schreck in die Glieder.
«Man wird unter Druck gesetzt»
«Ich spüre jeweils, wie der Schweiss ausbricht», sagt eine Betroffene. Und natürlich sei jeder heimlich froh, wenn es jemanden anderen treffe. Bis man dann selber wieder an der Reihe sei. Im schlimmsten Fall komme es drei Mal pro Woche vor.
Bei Fahrzeugen mit Schweizer Kontrollschild lässt sich der Halter dank Videoaufnahmen relativ einfach ermitteln. Doch bei ausländischen Fahrzeugen wird es schwierig.
Schwarztankern selber nachspüren
«Ich habe sogar schon selber aufs Strassenverkehrsamt in Deutschland angerufen, um herauszufinden wer der Schwarztanker ist», erzählt die Angestellte eines Schweizer Tankstellenshops. Damit sie die Rechnung nicht bezahlen müsse. «Und das kanns doch nicht sein.»
Kein Einzelfall. Die Sendung «Kassensturz» berichtete vor zwei Jahren über zwei ähnliche Fälle bei Migrolino-Tankstellenshops im Kanton Bern. Auch bei einer Agrola-Tankstelle von Landi ist es schon passiert. Und vor ein paar Monaten meldete sich bei «Espresso» eine weitere Betroffene mit einem ähnlichen Fall.
Weder im Arbeitsvertrag noch als ungeschriebene Regel
SRF-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner und Marco Geu, Zentralsekretär der Gewerkschaft Syna sagen klipp und klar: Diese Praxis ist illegal. Weder darf so etwas in einem Arbeitsvertrag stehen, noch als ungeschriebene Regel gelten.
Das Problem: Viele Tankstellenbetriebe arbeiten im Franchising-System und sind eigenständige Unternehmer. Und viele dieser Franchise-Nehmer hätten von Arbeitsrecht keine grosse Ahnung. Oder stünden so unter Druck, dass sie es trotzdem tun.
Beim Verband der Tankstellenshop-Betreiber heisst es, man wisse vom Problem. Doch es sei ganz sicher «kein Branchenstandard».
Die Gewerkschaft Syna rät Betroffenen, sich unbedingt beraten zu lassen und abzuklären, ob der Passus im Vertrag oder die Weisung des Chefs zulässig ist. Und wenn nicht, sich auf jeden Fall zu wehren und zu sagen, man akzeptiere das nicht.