- Ein 28-jähriger Mann wurde vom Richteramt Olten-Gösgen zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.
- Der verurteilte Mann hatte vor zwei Jahren einen 60-Jährigen erschossen. Dieser hatte ihn über Jahre sexuell missbraucht.
- Der Verurteilte hat die Tat gestanden.
Das Richteramt Olten-Gösgen verurteilte den Täter wegen vorsätzlicher Tötung. Ein Mord sei es nicht gewesen, unter anderem weil das Opfer die Waffe an den Tatort – das Aareufer in Winznau SO – mitgebracht und zweimal neben dem Ohr des späteren Täters abgefeuert habe, argumentierte das Gericht.
Der Täter habe zuerst aus Notwehr gehandelt, dann habe sich die Situation gedreht: Vor Gericht hatte die Staatsanwaltschaft dargelegt, wie der Täter das Opfer gegen Kopf und Oberkörper geschlagen und mit Füssen getreten habe. Anschliessend habe er den Revolver am Gesäss des Opfers angesetzt und abgedrückt.
Allerdings berücksichtigte das Gericht bei seinem Urteil strafmildernde Umstände. Der Täter war alkoholisiert und unter Einfluss von Cannabis. Das Richteramt argumentierte aber vor allem mit der Vorgeschichte der beiden Männer: ein jahrelanger sexueller Missbrauch.
Sexueller Missbrauch: Täter war auch Opfer
Das Todesopfer hatte den Täter als Minderjährigen während Jahren sexuell missbraucht. Auch Marihuana und Alkohol seien im Spiel gewesen. «Die sexuellen Handlungen wurden mutmasslich bis zum Tatzeitpunkt fortgeführt», hiess es vor Gericht.
Der damals 11-Jährige sei «das ideale Opfer» gewesen. Der 44-jährige Mann habe ihm zugehört, Komplimente gemacht, Alkohol und Drogen angeboten. Er sei die einzige Bezugsperson des jungen Mannes gewesen. Die Staatsanwaltschaft sprach von einem Abhängigkeitsverhältnis von Täter und Opfer.
Der junge Mann war offenbar auch nicht das einzige Opfer des sexuellen Missbrauchs. Der Mann habe gemäss Staatsanwaltschaft wiederholt Besuch von jungen Männern bekommen. Er habe ihnen Drogen angeboten und es sei zu sexuellen Übergriffen gekommen. Gemäss Verteidigung hätten sich zudem auch noch weitere Personen an den sexuellen Handlungen mit den jungen Männern beteiligt.
Täter hat Tötung gestanden
Vor Gericht hatte die Verteidigung den Täter als das «schwarze Schaf» der Familie dargestellt. Keine Freunde, Schulverweis, Lehrstelle verloren, Heimeinweisung, Alkoholsucht. Der Verteidiger sprach von einem «Drama in allen Belangen».
Es sei eine einmalige Tat, die er bereue, hatte der Täter vor Gericht ausgesagt: «Meine Wut, alles, was ich über 15 Jahre verdrängt habe, ist wie in einer Explosion aus mir herausgebrochen.»
Urteil wird weitergezogen
Das am Freitag gefällte Urteil – vorsätzliche Tötung – ist nicht rechtskräftig. Die Verteidigung sagte gegenüber SRF, dass sie das Urteil weiterziehen werde. Sie hatte auf Totschlag plädiert und bloss eine Busse gefordert.
Ob die Staatsanwaltschaft das Urteil ebenfalls weiterzieht, ist aktuell noch unklar. Sie hatte den 28-Jährigen wegen Mordes angeklagt und eine Freiheitsstrafe von 16 Jahren gefordert.