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Tat jährt sich zum 30. Mal Mord an ägyptischem Diplomaten bleibt unaufgeklärt

Weil die Bundesanwaltschaft den Freispruch Anfang Jahr akzeptiert hat, ist der Mord nun verjährt.

Das ist passiert: Am 13. November 1995 wurde der ägyptische Diplomat Alaa al-Din Nazmi in einer Genfer Parkgarage erschossen. Der Mord blieb jahrzehntelang ungeklärt. Erst moderne Technologien ermöglichten es, DNA-Spuren und Fingerabdrücke einem Mann zuzuordnen. Die Bundesanwaltschaft vermutete, der Autohändler habe den Diplomaten gegen Geld getötet – ein klassischer Auftragsmord. Doch das Bundesstrafgericht sprach ihn im Februar 2025 mangels Beweisen frei.

Zeichnung eines Mannes im Gerichtssaal
Legende: Der Autohändler musste sich im Dezember 2024 wegen zahlreicher Straftaten vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten. KEYSTONE / Linda Graedel

Jetzt beginnt der Berufungsprozess: Ab Montag startet in Bellinzona die Berufungsverhandlung gegen den Autohändler. Dabei geht es jedoch nur noch um andere Delikte – darunter Vergewaltigung, Körperverletzung und Betrug –, die in keinem Zusammenhang mit der Tötung des Diplomaten stehen. Vom Mordvorwurf hatte ihn das Bundesstrafgericht bereits im Februar mangels Beweisen freigesprochen; die Bundesanwaltschaft verzichtete darauf, das Urteil anzufechten.

Der Mord ist verjährt: Vergangenen Donnerstag jährte sich die Tat zum 30. Mal. Anders als in Nachbarländern wie Deutschland, Österreich oder Italien verjährt Mord in der Schweiz nach 30 Jahren. Hätte die Bundesanwaltschaft den Freispruch angefochten, wäre die Frist unterbrochen worden. Da sie darauf verzichtete, trat am 13. November 2025 die absolute Verjährung ein.

Ein Mann spricht vor einem Gerichtsgebäude ins Mikrofon
Legende: Der Verteidiger des Autohändlers, Romanos Skandamis, gab den Medien nach dem Urteilsspruch am 6. Februar 2025 vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona Auskunft. KEYSTONE / Ti-Press / Alessandro Crinari

Die Auftraggeber bleiben im Dunkeln: Bei verjährten Fällen dürfen die Schweizer Behörden nicht mehr ermitteln. Sie dürfen also auch nicht nachforschen, wer die Hinterleute des Mordes am ägyptischen Diplomaten waren. Es gibt Spekulationen, Islamisten könnten den Mord in Auftrag gegeben haben, um den Diplomaten daran zu hindern, den Spuren der Muslimbruderschaft in Europa nachzugehen.

Gerichtskorrespondentin: «Schweiz hat falsche Hoffnungen geweckt»

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Kurzeinschätzung von SRF-Gerichtskorrespondentin Sibilla Bondolfi

Die Schweiz hat mit dem späten Prozess falsche Hoffnungen geweckt – vor allem in Ägypten, wo der Fall in den Medien und auf den sozialen Netzwerken für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Umso grösser dürfte nun die Enttäuschung sein: Der Mord ist verjährt, die Auftraggeber bleiben für immer im Dunkeln. Das ist bedauerlich – eine Aufklärung wäre für Ägypten bis heute wichtig, gerade wegen des mutmasslich politischen Hintergrunds der Tat.

Verjährungsdebatte im Schweizer Parlament: Aktuell ist eine Gesetzesänderung im Parlament hängig, wonach Mord nicht mehr verjähren soll. Beide Parlamentskammern haben dem Vorschlag grundsätzlich zugestimmt, ein endgültiger Entscheid steht aber noch aus.

Die Argumente pro und kontra: Befürworterinnen und Befürworter der Unverjährbarkeit betonen, dass es für Angehörige auch nach Jahrzehnten wichtig sei, ein Verbrechen aufzuklären. Gegnerinnen und Gegner warnen hingegen vor falschen Hoffnungen: So argumentierte namentlich der Bundesrat, eine DNA-Spur reiche oft nicht aus, um eine Täterin oder einen Täter eindeutig zu identifizieren – wie auch im Fall des Diplomatenmordes. Ein Freispruch aufgrund mangelnder Beweise ist laut Bundesrat nicht nur eine Enttäuschung, sondern kann die Hinterbliebenen sogar retraumatisieren.

Keine Rückwirkung: Selbst wenn das Parlament die Änderung definitiv beschliesst, hätte das für den Mord am ägyptischen Diplomaten keine Folgen. Unverjährbar wären nur jene Morde, die bei Inkrafttreten noch nicht verjährt sind. Seit dem 13. November 2025 gehört der Mord am ägyptischen Diplomaten nicht mehr dazu.

SRF 4 News, 17..11.2025, 21 Uhr ; 

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