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Temu-Logistikpartner Schwarzarbeit bei Schweizer Partner von Billig-Händler aus China

Bilder einer Überwachungskamera zeigen, wie Arbeiter Berge von Temu-Paketen sortieren im Warenlager der Logistikfirma Clevy Links. Im zürcherischen Eglisau wickelt die Firma für den chinesischen Online-Händler Temu die Retouren aus der Schweiz ab. Temu bietet alles Erdenkliche spottbillig an – etwa «echte» Designertaschen für knapp sieben Franken – und wächst stark. Nebenwirkungen der Billig-Ware sind verbotene Gifte in manchen Produkten, der Verdacht auf Zwangsarbeit in China. Und Schwarzarbeit in der Schweiz.

Jemand hält ein Handy mit der Temu-App vor einen Bildschirm, auf dem auch ein Shoppingportal aus China zu sehen ist.
Legende: Temu ist eine glitzernde Welt voller vermeintlicher Schnäppchen. Imago

Einer der Arbeiter in Eglisau zeigt SRF Investigativ seine Papiere: Er ist Inder und hat ein Studentenvisum für Lettland. In der Schweiz hat er kein Aufenthaltsrecht. Zu Clevy Links habe ihn 2024 eine Personalvermittlung namens Wherhouse Eleni GmbH geholt. «Man hat mir einen Arbeitsvertrag versprochen, aber ich habe monatelang schwarz gearbeitet.»

Viel Arbeit, wenig Lohn

Laut der Zürcher Ausgleichskasse ist Clevy Links nicht registriert bei der Sozialversicherung, das ist gesetzeswidrig. Etwa ein Dutzend Arbeiter seien in Eglisau schwarz beschäftigt worden, sagen ehemalige Angestellte.

Ermittlungen in Österreich

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Auch in Österreich ist die Logistikfirma Clevy Links zuständig für Temu-Retouren. Auch dort ermitteln die Behörden. Das österreichische Finanzministerium schreibt SRF Investigativ, man habe Clevy Links im August unangemeldet kontrolliert und zehn Personen vorgefunden, die entweder nicht korrekt angemeldet oder nicht sozialversichert gewesen seien. Zudem hätten viele der Arbeiter mehr Stunden als erlaubt gearbeitet und nur neun bis zehn Euro pro Stunde verdient. In Österreich arbeitet Clevy Links ebenfalls mit dem Personalvermittler Wherhouse Eleni GmbH zusammen. Die Finanzpolizei hat gegen beide Unternehmen einen Strafantrag gestellt. Das Finanzministerium schreibt zum Thema Billig-Plattformen aus China: «Derartige Unternehmen werden immer wieder auffällig, was die Missachtung von Arbeitnehmerrechten und ausbeuterische Arbeitsverhältnisse betrifft.»

Der indische Arbeiter zeigt SRF Investigativ auch seinen Kontoauszug vom Mai 2025: 1740 Euro wurden ihm vom Personalvermittler Wherhouse Eleni ausbezahlt. Gemäss Clevy-Links-Lohnliste hat er für diesen Betrag 187,5 Stunden gearbeitet, das ergibt 9.30 Euro pro Stunde. Für die Gewerkschaft Unia «eine Frechheit». Und die Tatsache, dass nicht Clevy Links selbst das Geld auszahle, sondern ein Personalvermittler, die sei typisch bei Schwarzarbeit. Auch verdächtig: Clevy Links überwies dem Personalvermittler Eleni deutlich mehr Geld, als die Firma dem Arbeiter auszahlte. Der Inder verliess die Schweiz im Sommer.

Untersuchung des Zürcher Amts für Wirtschaft

Wegen mutmasslicher Schwarzarbeit hat die Ausgleichskasse das Zürcher Amt für Wirtschaft alarmiert. Aus Datenschutzgründen will man dort nichts zum Stand der Untersuchung sagen. Aber Alexander Ott, Vorstandsmitglied beim Verband der kantonalen Migrationsbehörden bestätigt, dass die Behörden im Rahmen des interkantonalen Austausches zu Schwarzarbeit über Clevy Links gesprochen hätten. «Dort geht es darum, dass Personen offenbar angestellt werden ohne entsprechende Aufenthaltsbewilligung.» Es gehe auch um zu tiefe Löhne und zu lange Arbeitszeiten.

eine verregnete Strasse, dahinter ein graues Lagerhaus, vor dem ein grüner Container steht.
Legende: So unauffällig sieht das Lagerhaus von Clevy Links in Eglisau aus. zvg

Frédéric Campagnac, Gründer und CEO von Clevy Links, schreibt, der Personalvermittler Eleni sei dafür verantwortlich gewesen, korrekte Verträge auszustellen und angemessene Löhne zu bezahlen. Clevy Links arbeite nun nicht mehr mit dem Personalvermittler zusammen – seit den Kontrollen durch die Behörden. Die Wherhouse Eleni GmbH in Baar hat nicht auf Anfragen von SRF Investigativ reagiert.

Sein Unternehmen habe bisher keine Sozialversicherungen bezahlt, behauptet der CEO von Clevy Links, weil sich der Anmeldeprozess stark in die Länge gezogen habe. Die Zürcher Ausgleichkasse schreibt, dass die Registrierung höchstens vier Wochen dauere.

Kleine Gewinnmarge, grosse Konkurrenz        

Temu beantwortet keine Fragen zu seinen Sub-Unternehmen. Der chinesische Online-Händler schreibt: «Temu hält sich an alle geltenden Gesetze und Vorschriften in jedem Land, in dem wir tätig sind. Wir verlangen dasselbe von unseren Partnern und ihren Lieferanten». Die Gewinnmarge sei klein, die Konkurrenz gross, so Temu-Logistikpartner Campagnac zum Preisdruck im Geschäft mit der Billig-Ware. Den Preis bezahlen schwarz Angestellte, die kaum etwas verdienen.

Klage in Frankreich

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Das Logistik-Unternehmen Clevy Links hat eine verwinkelte Struktur mit einer Holding auf den Cayman Inseln und einer in Hongkong, ausserdem mit Ablegern in verschiedenen europäischen Ländern. In Frankreich hat der ehemalige Finanzverantwortliche gegen Clevia, wie die Firma dort heisst, geklagt. Die Klage liegt SRF Investigativ vor. Der Vorwurf: Clevia, das in Frankreich auch die Verzollung von Temu-Paketen managt, habe die französische Mehrwertsteuer hinterzogen. Indem die Firma Leistungen in Hongkong verrechnet habe, die in Wirklichkeit in Frankreich erbracht worden seien. Der Finanzverantwortliche war in seiner Probezeit entlassen worden. Clevy-Links-CEO Frédéric Campagnac hält fest, das Steuerregime sei legal und der ehemalige Finanzverantwortliche habe grosse fachliche und menschliche Defizite gehabt. Die Klage ist hängig.

 

Mitarbeit: Conradin Zellweger

Echo der Zeit, 17.10.2025, 18:00 Uhr

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