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Testphase in Graubünden Autonomes Wasserfahrzeug soll helfen, bedrohte Pflanzen zu retten

Ein Spezialboot soll Seen abfahren, fotografieren und kartieren. An Land sind solche Geräte gang und gäbe.

Die Schweiz ist gut erforscht. Von der ganzen Landesfläche gibt es detaillierte Karten – zum geologischen Untergrund, zu Lufträumen mit aeronautischen Karten, zu historischen Begebenheiten oder zu Freizeitaktivitäten wie Wandern oder Schneesport.

Mit einem neu entwickelten autonomen Wasserfahrzeug soll bald auch eine präzise Kartierung der Seegründe von alpinen Gewässern möglich sein – zum Wohle der Artenvielfalt und gegen das Artensterben. Das Gerät ist ein kleines Spezialboot, das den See abfährt und den Grund fotografiert. Es wurde am Dienstag auf der San-Bernardino-Passhöhe in Graubünden – auf dem Laghetto Moesola – vorgestellt.

Es sieht nach rustikaler Bastelei aus, doch der Eindruck täuscht. In der Box auf den zwei Plastikrohren steckt Hightech. «Die Hightech sieht man von aussen nicht», sagt Manuel Schlegel, Dozent am Institut für Photonik und Robotik der Fachhochschule Graubünden (FHGR).

Vorgegebene Routen sind über Wegpunkte definiert. «Das Boot ist mit der Elektronik und der Software fähig, diese Wegpunkte selbstständig abzufahren», erklärt Schlegel. Durch die Orthofotos (siehe Box) soll eine präzise Karte von Seegründen entstehen – die bedrohte Pflanzenarten erkennen lässt. Für Biologinnen und Biologen soll es dank des autonomen Wasserfahrzeugs genauere Informationen darüber geben, wie es welchen Pflanzenarten geht.

Was sind Orthofotos?

Box aufklappen Box zuklappen

Laut Bundesamt für Landestopografie (Swisstopo) sind Orthofotos beziehungsweise Orthobilder entzerrte Bilder, die über die gesamte Ausdehnung einen einheitlichen Massstab aufweisen. Deshalb eignen sie sich für Überlagerungen mit anderen Geodaten, Distanz- oder Flächenmessungen.

Laut Marylaure de la Harpe vom Bündner Amt für Natur und Umwelt könnte das Spezialboot die Arbeit erleichtern: «Bis jetzt haben wir die Daten immer vom Seeufer aus aufnehmen müssen», sagt sie. Sie sei auch mit dem Stand-up-Paddle auf den See hinausgefahren oder selbst mit dem Neoprenanzug getaucht. «So ist es sehr schwierig, die Daten präzis aufzunehmen.»

Mehr über unbekanntere Pflanzen lernen

Selbst tauchen, die Unterstützung professioneller Taucher oder das Stand-up-Paddle – das soll in Zukunft nicht mehr nötig sein. Das Gerät der Fachhochschule Graubünden fährt selbstständig über den See und macht Aufnahmen von der Pflanzenwelt unter Wasser.

Dass diese Versuche in Graubünden stattfinden, hat einen Grund: Im See auf dem San-Bernardino-Pass wächst das Seebrachsenkraut – eine Pflanze, die in der Schweiz nur an drei Orten vorkommt. Marylaure de la Harpe sagt: «Das ist eine ganz seltene Pflanze. Wir haben sehr wenige Daten über die Population.»

Unterwasseraufnahme von Algen und Schatten.
Legende: Scheint die Sonne, wirft das Boot einen Schatten. Dies kann die Aufnahmen unbrauchbar machen. ZVG / Fachhochschule Graubünden

Mit dem neuen Gerät wolle man mehr herausfinden. Nach ersten Tests zieht die Biologin ein positives Fazit. Die Bilder seien gut, man erkenne die Pflanze und könne die Daten nutzen.

Irgendwann auch auf mittelländischen Seen?

Damit das autonome Wasserfahrzeug zuverlässig funktioniert, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Der See darf nicht zu trüb sein, deshalb finden die ersten Tests auf Bündner Bergseen statt. Auch der Sonnenstand habe einen Einfluss, sagt FHGR-Dozent Manuel Schlegel: «Wenn die Sonne scheint, haben wir einen Schattenwurf auf dem Seeboden.» Den Wind habe das Gerät mittlerweile besser im Griff – durch das Antriebssystem.

Es ist möglich, dass das Spezialboot irgendwann auch auf den grossen Schweizer Seen zum Einsatz kommt. Laut Biologin Marylaure de la Harpe etwa für die Unterwasserflora oder für ein Verschmutzungsmonitoring. Noch ist das Projekt aber ganz am Anfang und kommt vorerst nur in kleinen Bergseen zum Einsatz wie auf dem San Bernardino.

Regionaljournal Graubünden, 24.6.2025, 17:30 Uhr ; 

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