Er war 15 Jahre alt, als er seinen ersten Leichenwagen kaufte. Fahren durfte er damit natürlich noch nicht. Aber für ihn war klar: Er wollte Bestatter werden.
Ein so junger Mann, der sich mit Toten beschäftigt, das sorgte für Aufsehen. Er wurde in der SRF-Sendung «Reporter» porträtiert. Er war Gast bei Kurt Aeschbacher. Diese Plattform nutzte Huguenin, um ein besonderes Angebot anzupreisen: «Als ich das aufgebaut habe, hatte ich die ganz normalen Preise. Aber ich kann das nicht verantworten, so viel zu verrechnen.»
Das war 2018. Faire, tiefe Pauschalpreise wollte er anbieten. Jetzt, 2021, ermittelt die Berner Staatsanwaltschaft gegen ihn – Wucher, Betrug und Urkundenfälschung stehen im Raum.
Unnötig teurer Sarg?
Ein Mann stirbt. Er hatte kein Geld, seine Hinterbliebene lebt von Ergänzungsleistungen. Es ist klar: Die Bestattung des Mannes muss möglichst günstig sein. Huguenin verkauft der Hinterbliebenen allerdings nicht ein günstiges Produkt, sondern den «Exklusiv Sarg». Gesamtbetrag: 7500 Franken.
Ist das üblich? Das fragt sich auch die Staatsanwältin. Bei Urs Gyger, dem Geschäftsleiter der grössten Berner Bestattungsfirma, holt sie eine Gegenofferte ein. Er offeriert eine Bestattung für weniger als die Hälfte. «In so einem Fall nimmt man einen einfachen Sarg und versucht nicht, einer Familie in Not ein teures Produkt zu verkaufen», so Gyger.
Ich dachte, das darf doch nicht wahr sein, dass einer so hohe Preise verrechnet. Da müssen einem die Glocken läuten.
Diese Geschichte ist nicht die einzige, die dem jungen Bestatter Huguenin vorgeworfen wird. Zwei Schwestern berichten von überhöhten und intransparenten Rechnungen. Ihre 90-jährige Mutter starb, für die Schwestern der erste Todesfall in der Familie: «Es war stressig und man weiss nicht was auf einen zukommt.»
Sie setzen auf Huguenins Pauschalangebot für 2990 Franken.
Im Gespräch fällt auf: Im Kleingedruckten verstecken sich hohe Kosten. Für die Benützung des Kühlraumes werden 295 Franken und für die Urne 250 Franken verrechnet.
Dann haben wir gesagt: Nein, halt.
SRF ist im Besitz von fünf weiteren Rechnungen, bei denen die Extra-Pauschalen zu Stornierungen oder Reklamationen geführt haben.
Ist das erlaubt?
«Ein Pauschalangebot bedeutet: Wir sorgen für alles. Das ist hier eben nicht der Fall», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin Stiftung für Konsumentenschutz SKS. Auch die Mehrwertsteuer ist bei Huguenins Rechnungen separat und versteckt aufgeführt. «Das geht ganz sicher in Richtung Täuschung. Vielleicht sogar in Richtung Wucher, weil man etwas verspricht, dann aber zum Teil noch Sachen verrechnet, die enorm hohe Kosten verursachen.»
Ob die Untersuchung der Berner Staatsanwaltschaft zu einem Strafbefehl oder einer Anklage führt, ist offen. Bis zu einem Entscheid gilt für den Jungbestatter die Unschuldsvermutung.
Was sagt der Bestatter selbst?
Die Kundinnen und Kunden profitierten trotz Zusatzkosten vom Pauschalangebot, beteuert Kevin Huguenin im Gespräch mit SRF. «Wenn ich nach Aufwand verrechnen würde, wäre die Rechnung teurer.»
Er führe die Leute nicht in die Irre: «Wir berechnen Zusätze, die nicht alle brauchen, separat. Wir listen dies aber auch klar und transparent unter dem Vertrag auf. Und wir erklären auch, weshalb Kosten entstehen.»
Das Kleingedruckte sei deutlich aufgeführt, sogar oberhalb der Unterschriftszeile. Er schwatze seinen Kundinnen und Kunden keine Produkte auf, die diese nicht bräuchten. Entsprechende Vorwürfe bestreitet er: «Solche Fälle entziehen sich meiner Kenntnis.»
Bei der fehlenden Mehrwertsteuer zeigt sich Huguenin einsichtig. Er will ab jetzt in den Trauergesprächen explizit darauf hinweisen, dass die Mehrwertsteuer in den offerierten Preisen noch nicht enthalten ist.