In der Schweiz gibt es nach Schätzungen rund 30'000 Menschen mit pädophilen Neigungen, etwa 15'000 sollen es im Kanton Zürich sein. Ein Grossteil von Ihnen sind Männer. Wenn sie ihre Neigung ausleben machen sie sich strafbar – sei es, indem sie Kinderpornografie konsumieren oder gar ein Kind sexuell misshandeln. Um dies zu verhindern, will der Bund Präventions-Angebote für Pädophile subventionieren. So sollen Menschen, die sich von Kindern angezogen fühlen, gar nicht erst zu Tätern werden.
Als erster Kanton der Schweiz lanciert nun Zürich ein umfassendes und kostenloses Beratungsangebot: Die Präventionsstelle Pädo-Sexualität.
«Kein Täter werden»: Ein Projekt von Rickli und Jositsch
Dass Zürich als erster Kanton so weit ist, ist kein Zufall: Es war die heutige Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli, die das Thema 2016 aufs Tapet brachte. Damals noch SVP-Nationalrätin, forderte sie zusammen mit SP-Ständerat Daniel Jositsch den Bund dazu auf, mehr Präventions-Angebote zu schaffen, um pädosexuelle Übergriffe zu verhindern.
Kinderschutz war für mich schon immer eine Herzensangelegenheit.
Letzten Herbst bestätigte der Bund, dass es in der Schweiz in diesem Bereich tatsächlich eine Versorgungslücke gebe und er forderte die Kantone auf, entsprechende Therapie-Angebote auszuarbeiten. Natalie Rickli, nunmehr Zürcher Gesundheitsdirektorin, liess sich nicht lange bitten und setzte das Projekt im Kanton Zürich gleich selbst um. Gemeinsam mit Mit-Initiator Daniel Jositsch stellte sie das Projekt am Freitagmorgen vor.
Das neue Angebot sei ihr ein wichtiges Anliegen, sagte Natalie Rickli: «Wir wollen Kinder besser schützen und dazu beitragen, dass Menschen mit pädosexuellen Neigungen nicht zu Tätern werden.» Mit dem Aufbau der Präventionsstelle hat die Gesundheitsdirektion die Klinik für forensische Psychiatrie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) beauftragt. Das Projekt ist vorerst auf drei Jahre beschränkt. Eine erste Tranche von 250'000 Franken zur Finanzierung hat der Regierungsrat bereits gesprochen.
«Sexuelle Ausrichtung ist keine Wahl, sondern Schicksal»
Wer sich zu Kindern hingezogen fühle, habe sich dies nicht ausgesucht, betonte der Direktor der Klinik für Forensische Psychiatrie, Elmar Habermeyer. Viele würden darunter leiden, hätten aber Schwierigkeiten sich zu outen, niederschwellige Beratungsangebote fehlten. Die Präventionsstelle sei dazu da, den Betroffenen dabei zu helfen, nicht straffällig zu werden.
Man dürfe das Angebot nicht verstehen als «jetzt haben wir Verständnis für Täter», führte Daniel Jositsch weiter aus. Es sei eine Ergänzung im präventiven Bereich, repressive Massnahmen gebe es deswegen nicht weniger.
Gute Resultate in Deutschland
Wie erfolgreich solche Therapien sein können, zeigen Zahlen der Berliner Charité, die das Projekt «kein Täter werden» vor 15 Jahren ins Leben gerufen hat. So verüben lediglich zwei Prozent der Pädophilen, die eine Therapie besucht hatten, trotzdem irgendwann einen sexuellen Übergriff auf ein Kind. In der Schweiz hofft man auf eine ähnlich hohe Erfolgsquote. Die neue Zürcher Präventionsstelle arbeitet deshalb auch mit bereits bestehenden, privaten Angeboten zusammen. Gemeinsam wollen sie ein Netzwerk bilden und so Menschen mit pädophilen Neigungen von einer Therapie überzeugen.