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Thurgauer Küchenhersteller Mitarbeitende von Forster warten seit drei Wochen auf Lohn

Fehlende Löhne und unsichere Zukunft: Die Forster Swiss Home AG mit 135 Mitarbeitenden steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Die Hintergründe.

Was ist passiert? Der Thurgauer Küchenhersteller Forster Swiss Home AG steht wegen fehlender Lohnzahlungen unter Druck. Die Situation hat sich innert kurzer Zeit zugespitzt. Zuerst hiess es: Wegen des Einstiegs eines neuen Finanzpartners verzögere sich die Zahlung um ein paar Tage. Jedoch warten 135 Mitarbeitende weiterhin auf ihren Aprillohn – seit bald drei Wochen.

Was geschah in der Zwischenzeit? Vereinzelte Mitarbeitende legten Anfang Woche die Arbeit nieder. Am Mittwochmorgen informierte die Unternehmensleitung die Belegschaft. Dort hiess es: Der Lohn komme bis 15 Uhr. Passiert ist nichts. Am Mittwochabend teilte Forster Swiss Home mit, dass die Verhandlungen mit verschiedenen Finanzpartnern gescheitert seien.

Lagerhalle mit Regalen und arbeitenden Personen.
Legende: Die Forster Swiss Home in Arbon am Thurgauer Bodenseeufer stellt Küchen her. Keystone / Regina Kühne

Was genau teilte die Firma mit? Es sei eine «vermeintliche Einigung erzielt worden, welche die ausstehenden Lohnzahlungen der Mitarbeitenden hätten begleichen sollen». Und weiter: «Nachdem am Vormittag alles geregelt schien, hat sich die Situation nun wieder diametral geändert. Weitere Informationen folgen.»

Warum kann Forster Swiss Home die Löhne nicht zahlen? Die Firma befindet sich in einem Liquiditätsengpass. Einfacher gesagt: Sie kann Zahlungsverpflichtungen – wie zum Beispiel Löhne – momentan nicht fristgerecht begleichen, weil zu wenig flüssige Mittel verfügbar sind. In einem Bericht der «Thurgauer Zeitung», der sich auf ehemalige und aktuelle Angestellte von Forster beruft, heisst es zudem, dass dies schon länger so sei: Immer wieder hätten Produktionsteile gefehlt, weil Forster Lieferantenrechnungen nicht oder verspätet bezahlt habe.

Wie wollte Forster Swiss Home aus dem Engpass herauskommen? Die Odin Factoring AG aus Baar ZG sollte als neuer Finanzpartner einsteigen. Doch: Odin sei ein reines Factoringunternehmen, teilt Odin mit.

Das ist ein finanzielles Factoringunternehmen

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Ein finanzielles Factoringunternehmen stellt einer Firma Geld zur Verfügung, damit diese offene Lieferantenrechnungen bezahlen können – oftmals mithilfe von Banken. Im Gegenzug erhält das Factoringunternehmen das Geld aus offenen Kundenrechnungen.

Ein Vertrag zwischen Odin und Forster wurde zwar abgeschlossen. Es sei jedoch nicht korrekt, dass Odin als klassischer Investor einsteige und Löhne zahle. «Odin kann sich nicht erklären, warum der Belegschaft Versprechungen gemacht werden, die jeglicher Grundlage entbehren.» In einer Stellungnahme vom Dienstag verwies Forster noch auf die Zusicherung der Odin Factoring AG. Diese habe die Lohnzahlungen aus formellen und vertragstechnischen Gründen noch nicht auslösen können.

Grünes Feld vor Gebäudereihe mit Wellendächern, Bäume im Hintergrund.
Legende: Die Forster Swiss Home AG war früher Teil der Arbonia-Gruppe. Keystone

Wie steht es um die Mitarbeitenden? Am Dienstag ist ein Teil der Belegschaft nicht zur Arbeit erschienen. Es habe laut Gewerkschaft Unia mehrere Abmahnungen und schriftliche Informationen an die Geschäftsleitung gegeben. «Die Unsicherheit ist nach wie vor gross», sagt Anke Gähme, Regioleiterin der Unia Ostschweiz-Graubünden. «Viele, die sich bei uns gemeldet haben, haben grosse Angst, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren.» Laut Unia werde noch am Donnerstag eine Versammlung zwischen Gewerkschaft und Personal abgehalten.

Wie geht es jetzt weiter? Laut Forster arbeite derzeit noch rund ein Drittel der Belegschaft. Fakt ist: Die Angestellten warten weiter auf ihre Löhne. Im Raum steht eine monatliche Gesamtlohnsumme von bis zu 800'000 Franken. Laut der Mitteilung der Forster Swiss Home AG vom Mittwochabend bedaure der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung diese Entwicklung «ausserordentlich». Man suche aber weiterhin nach Lösungen. Einen verbindlichen Termin für weitere Informationen gibt es nicht.

Grössere Veränderungen im Management von Forster Swiss Home AG

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Die Firma Forster Swiss Home AG wird seit diesem Jahr von CEO Andreas Sandmann geleitet. Er ersetzte Ipek Demirtas, die aber weiter Mitglied der Geschäftsleitung ist.

Gegen Demirtas läuft in Deutschland ein Strafverfahren, unter anderem wegen Verdachts auf Insolvenzverschleppung und Kreditbetrug. Das bestätigt das Landgericht Stuttgart auf Anfrage. Das Verfahren steht in Zusammenhang mit der Insolvenz des deutschen Küchenherstellers Alno. Auch angeklagt ist der ehemalige CEO von Alno, Max Müller, der heute Verwaltungsratspräsident der Forster Swiss Home AG ist.

Die Arboner Firma erklärte bereits zu einem früheren Zeitpunkt, dass der Wechsel im Management nichts mit dem Strafverfahren zu tun habe.

Regionaljournal Ostschweiz, 15.5.2025, 6:31 Uhr ; 

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