Es ist der bislang grösste Terroranschlag in der Geschichte der Schweiz – das Bombenattentat auf eine Swissair-Maschine am 21. Februar 1970. Das Flugzeug vom Typ Convair CV-990 «Coronado» stürzte in den Wald beim aargauischen Würenlingen. Alle 47 Insassen kamen ums Leben. Noch immer sind verschiedene Hintergründe dieses Verbrechens ungeklärt.
«Ermittlungen werden wieder aufgenommen»
Der Aargauer FDP-Nationalrat Thierry Burkart hat sich wegen des Bombenattentats kürzlich mit Bundesanwalt Michael Lauber getroffen. Die Bundesanwaltschaft nehme die Sache sehr ernst, sagt Burkart im Gespräch mit «10vor10». «Es stellen sich noch verschiedene rechtliche Fragen. Ich gehe aber davon aus, dass die Ermittlungen wieder aufgenommen werden.»
Die Vorgeschichte:
- Am 21. Februar 1970 explodierte im Frachtraum der Swissair-Maschine eine Bombe. Das Flugzeug stürzte bei Würenlingen (AG) mit 47 Passagieren und Crew-Mitgliedern ab.
- Als Hauptverdächtige galten zwei Mitglieder einer palästinensischen Splittergruppe. Zu einem Prozess gegen die beiden ist es nie gekommen.
- 1995 nahm die damalige Bundesanwältin Carla Del Ponte das Verfahren wieder auf und erklärte den Fall für unverjährbar. Das Verfahren wurde aber 2000 eingestellt.
- 2016 wiesen «NZZ» und «Beobachter» auf einen FBI-Bericht aus dem Jahr 1970 hin, der den Sachverhalt anders darstellte. So sollen zwei Westdeutsche an der Tat beteiligt gewesen sein, und die Paketbombe soll in Zürich und nicht in München aufgegeben worden sein.
- Auf Betreiben von Arthur Schneider, dem früheren Gemeindeammann von Würenlingen, prüft die Bundesanwaltschaft nun, ob sie das Verfahren wieder eröffnet.
Mit einer Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Bundesanwaltschaft rechnet auch der Aargauer SVP-Nationalrat Maximilian Reimann. Er ist wegen des neu aufgetauchten Berichts des FBI in der Fragestunde bereits beim Bundesrat vorstellig geworden: «So ein schweres Verbrechen verjährt nicht. Und wenn man neue Erkenntnisse hat – und das scheint hier der Fall zu sein – muss man das Verfahren wiederaufnehmen.»
Brisanter FBI-Bericht
Hintergrund der neuen Entwicklung ist ein Bericht der US-Bundespolizei FBI , auf den vor einem Jahr die «NZZ» und der «Beobachter» hingewiesen hatten. Der Bericht entstand wenige Monate nach dem Attentat auf die Swissair-Maschine. Er stellt den Sachverhalt in einigen Punkten anders dar, als es die bisherigen Ermittlungen ergeben hatten.
So sollen zwei nicht identifizierte Westdeutsche am Attentat beteiligt gewesen sein. Zudem soll gemäss einer Quelle das Paket mit der Bombe in Zürich und nicht in München aufgegeben worden sein.
Experten fordern neue Untersuchung
Auch namhafte Experten halten es auf der Grundlage des FBI-Dokuments für angezeigt, dass die Bundesanwaltschaft den Fall nochmals aufrollt. Unter ihnen auch der bekannte amerikanische Sicherheits-Experte und ehemalige NSA-Mitarbeiter John R. Schindler:
«Der Fakt, dass das FBI glaubt, dass die Bombe in Zürich aufgegeben wurde, bedeutet, dass wir eine neue Untersuchung brauchen. Es ist eine Möglichkeit, die nicht ausgeschlossen werden kann», sagt Schindler.
Auch der Hamburger Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar, der den Anschlag in einem Buch akribisch aufbereitet hat, befürwortet eine neue Untersuchung wegen verschiedener Aussagen im FBI-Bericht.
Fall in Bearbeitung
Die Bundesanwaltschaft (BA) schreibt auf Anfrage von SRF, dass bei ihr ein Ersuchen um Wiederaufnahme des Strafverfahrens Würenlingen eingegangen sei. «Dieses ist in Bearbeitung.» Die BA werde zu gegebener Zeit das Ergebnis ihrer Prüfung mitteilen. Weitergehend äussert sie sich derzeit nicht.