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Tötungsdelikt in Berikon AG Was passiert jetzt mit der mutmasslichen Täterin?

In Berikon soll eine 14-Jährige ihre Freundin getötet haben. Kommt die mutmassliche Täterin ins Gefängnis? Das sagt das Jugendstrafrecht.

Was ist passiert? Am Sonntag hat ein 14-jähriges Mädchen in einem Waldstück im aargauischen Berikon mutmasslich ihre 15-jährige Freundin getötet. Das junge Mädchen starb an Stichverletzungen. Das genaue Motiv und die Umstände der Tat sind unklar. Fest steht: Es ist äusserst selten, dass ein derart junges Mädchen ein Tötungsdelikt begeht.

Ab welchem Alter ist ein Kind strafmündig? Die mutmassliche Täterin von Berikon ist 14 Jahre alt und fällt somit unter das Schweizer Jugendstrafrecht, welches bei Personen zur Anwendung kommt, die zwischen dem 10. und 18. Geburtstag eine Straftat begehen. Kinder unter 10 Jahren sind nicht strafmündig. 

Was ist das Jugendstrafrecht? Das Jugendstrafrecht unterscheidet sich vom Erwachsenenstrafrecht. Es ist täter- und nicht tatorientiert. Während bei erwachsenen Straftätern Bestrafung, Abschreckung oder Resozialisierung im Zentrum stehen, geht es bei den Jugendlichen um Erziehung und Schutz.

Warum kommt die 14-jährige mutmassliche Täterin nicht ins Gefängnis? Freiheitsentzug kommt in der Schweiz erst für 15-Jährige infrage, da Jugendliche in ihrer Einstellung und ihrem Verhalten noch nicht gefestigt sind. «Aus der Hirnforschung weiss man, dass die Hirnentwicklung bei Jugendlichen noch nicht abgeschlossen ist», erklärt Gian Ege, Assistenzprofessor für Strafrecht an der Universität Zürich. «Ebenso ist auch die Persönlichkeits­entwicklung noch im Gang. Das wird entsprechend berücksichtigt im System des Jugendstrafrechts.»

Plüschtiere und Blumen beim Tatort.
Legende: Freunde und Bekannte legten beim Tatort in Berikon Plüschtiere und Blumen nieder. Keystone / MICHAEL BUHOLZER

Welche Strafen drohen dem Mädchen? Begeht eine Jugendliche oder ein Jugendlicher über 15 Jahre ein Verbrechen, können ein Freiheitsentzug von einem Tag bis zu einem Jahr sowie Bussen ausgesprochen werden. Da die mutmassliche Täterin von Berikon erst 14 Jahre alt ist, beträgt die Höchststrafe für sie 10 Tage gemeinnützige Arbeit und einen Verweis. Ein Verweis bedeutet eine förmliche Missbilligung der Tat und ist vergleichbar mit einer gelben Karte im Sport.

Muss die mutmassliche Täterin in eine geschlossene Anstalt? Strafrechtsexperte Gian Ege erklärt: «Wenn ein Erziehungsbedarf oder ein Behandlungsbedürfnis besteht, welches mit einer Rückfallgefahr einhergeht, dann sind auch Schutzmassnahmen möglich.» Das gehe dann von betreuten Wohnformen bis hin zu einer Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung. Im Extremfall bleibe die Person bis zum 25. Geburtstag in einem geschlossenen Vollzug.

Weshalb kennt die Öffentlichkeit wenige Details zur Tat in Berikon? Bei Tötungsdelikten erwartet die Öffentlichkeit, dass sie umfassend informiert wird. Begeht eine Jugendliche eine solche Tat, wird vorsichtiger informiert. «Bei Jugendlichen ist der Persönlichkeitsschutz besonders hoch», sagt Gian Ege. Adrian Schuler, Mediensprecher der Aargauer Staatsanwaltschaft, sagte: «Das verstorbene Mädchen, das verdächtige Mädchen und die Stichverletzungen werden wohl lange die einzigen Informationen bleiben, die wir gegen aussen kommunizieren dürfen.»

Hat der Fall Berikon politische Auswirkungen? Noch vor der Tat in Berikon wurde ein Vorstoss im Nationalrat knapp angenommen, der Jugendliche bei besonders schweren Verbrechen künftig nach Erwachsenenstrafrecht verurteilen möchte. Als Nächstes entscheidet der Ständerat darüber. Die Diskussion um eine Verschärfung des Schweizer Jugendstrafrechts bleibt in vollem Gang.

Schweiz aktuell, 13.5.2025, 19 Uhr ; 

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