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Totgeburt nach Rückschaffung Der Grenzwächter erkannte die Dringlichkeit der Lage nicht

Das Wichtigste in Kürze

  • 2014 erlitt eine schwangere Syrerin eine Totgeburt, nachdem sie und ihr Mann als Flüchtlinge von der Schweiz nach Italien zurückgeschafft worden waren.
  • Schweizer Grenzwächter sollen ihr medizinische Hilfe verweigert haben.
  • Erstmals hat sich der ehemalige Teamchef der angeklagten Grenzwächter zum Fall geäussert.
  • Die genauen Anklagepunkte sind noch offen.

Elmar Plozza

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Plozza ist Inlandredaktor bei Radio SRF. Er ist Historiker. Plozza beobachtet für SRF den Prozess gegen den Grenzwächter.

SRF News: Sie beobachten den Prozess für SRF. Was sagt der ehemalige Teamchef zu seinem Verhalten?

Elmar Plozza: Der Angeklagte hat bestätigt, das er von anderen Grenzwächtern und vom Ehemann der Syrerin darüber informiert worden war, dass es der Frau nicht gut gehe. Er habe ab einem bestimmten Punkt auch gewusst, dass die Frau schwanger sei. Aufgrund dieser Rückmeldungen habe er aber nicht wahrgenommen, dass es ein ernsthaftes medizinisches Problem bestehe. Ausserdem sei er zeitweise absorbiert gewesen, weil er einen Zug habe organisieren müssen, der die Gruppe nach Domodossola zurückbringen sollte. Der Grenzwächter sagte aus, es gebe einen gewissen Druck, solche Rückschaffungen innerhalb eines gewissen Zeitraums durchzuführen. Schliesslich erinnerte er sich auch, dass es in der Vergangenheit zu negativen Erfahrungen sei, zum Beispiel hätten Personen, die zurückgeschafft werden mussten, simuliert, um eine Rückschaffung zu verzögern. Diese Erfahrung habe auch einen gewissen Einfluss gehabt.

Hat er sich auch direkt an die betroffene syrische Familie gewandt?

Nein, direkt zur Familie hat er nicht gesprochen. Er hat aber zum Ausdruck gebracht, dass er doch erstaunt sei, dass die Familie sich überhaupt entschieden habe, von Italien nach Frankreich zu reisen, wenn die Frau im siebten Monat schwanger war. Er sagte auch, der Ehemann der syrischen Frau habe ihn zwar über die gesundheitlichen Probleme informiert, aber er habe das in einem sehr ruhigen Ton getan. Deshalb sei ihm auch nicht bewusst gewesen, wie dringlich die Lage sei. Erst als die Syrer auf dem Perron waren und den Zug besteigen mussten, habe er gemerkt, wie schlecht es der Frau gehe. Er habe deshalb die Abschiebung zwar nicht abgebrochen, sondern seine italienischen Kollegen angerufen und sie informiert, dass eine schwangere Frau mit Problemen im Zug sei.

Der Grenzwächter sagte, er habe seine italiensichen Kollegen angerufen und sie informiert, dass eine schwangere Frau mit Problemen im Zug sei.

Zu einem gewissen Grad hat er die Verantwortung der Familie zurückgegeben. Trotzdem hat er gesagt, er habe niemals gewollt, dass so etwas wie diese Totgeburt passieren würde. Mit dem heutigen Wissensstand hätte er sich anders verhalten.

Mit welcher Strafe muss der Angeklagte rechnen, wenn er verurteilt wird?

Das ist ganz eine schwierige Frage, weil noch nicht abschliessend feststeht, welche Delikte der Auditor, der militärische Staatsanwalt, beantragen wird, und wie das Gericht dann urteilen wird. Es sind verschiedene Punkte denkbar: Unterlassene Hilfeleistung, möglicherweise sogar Tötung.

Es sind verschiedene Anklagepunkte denkbar: Unterlassene Hilfeleistung, möglicherweise sogar Tötung.

Das ist eine ganz sensible Frage, weil es auch darum geht, wann genau das Baby im Bauch gestorben ist, wann die Wehen begonnen haben und ob man das Kind, das tot zur Welt gekommen ist, im juristischen Sinne überhaupt als Mensch bezeichnet. Deshalb braucht das Militärgericht auch noch Zeit in diesem Fall. Das Urteil wird erst am 7. Dezember 2017 eröffnet.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

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