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Trauriger Rekord Kinderspital Zürich entdeckt mehr Fälle von Kindesmisshandlung

Schon das fünfte Jahr in Folge verzeichnet die Kinderschutzgruppe des Zürcher Kinderspitals 2023 mehr Misshandlungen – besonders viele Kinder wurden vernachlässigt.

Im Kinderspital Zürich wird die Kinderschutzgruppe alarmiert, sobald der Verdacht besteht, ein Kind könnte misshandelt worden sein. 2023 ist dies 679-mal passiert. 2022 waren es noch 647 Fälle. 518-mal lagen die Expertinnen richtig, in 123 Fällen konnte der Verdacht weder bestätigt noch ausgeräumt werden und 38-mal lag keine Misshandlung vor. Vielmehr hatte etwa ein Unfall zu einer Verletzung geführt.

Weniger körperliche Misshandlungen

Die Anzahl misshandelter Kinder steigt bereits das fünfte Jahr in Folge. «Das ist beunruhigend», sagt Georg Staubli, Leiter der Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle am Kinderspital Zürich. Positiv hingegen sei, dass es 2023 keine Todesfälle gegeben habe und dass die Fälle von körperlicher Misshandlung im Vergleich zu 2022 abgenommen hätten.

Wir haben Kinder, die unterernährt sind oder im Winter ohne Schuhe draussen unterwegs sind.
Autor: Georg Staubli Leiter Kinderschutzgruppe des Kinderspitals Zürich

Tatsächlich hat das Kinderspital weniger körperlich misshandelte Kinder behandelt, gestiegen ist allerdings die Zahl der vernachlässigten Kinder. Sie machen neu ein Viertel aller Verdachtsfälle aus. Dabei werden Kindern die Grundbedürfnisse verweigert: «Wir haben Kinder, die unterernährt sind, oder im Winter ohne Schuhe draussen unterwegs stehen», sagt Staubli. Hinzu käme die emotionale Vernachlässigung. Wenn es beispielsweise den Eltern psychisch schlecht gehe, könnten sie sich nicht mehr um die Kinder kümmern.

Auch in reichen Familien gibt es emotionale Vernachlässigung

Vernachlässigung komme in allen sozialen Schichten vor. Auch in reichen Familien gebe es emotionale Vernachlässigung, etwa wenn die Kinder mit Geld versorgt würden, obwohl sie Emotionen bräuchten. Zu den Gründen, warum die Vernachlässigungen zugenommen haben, sagt Georg Staubli: «Wir vermuten, dass das damit zu tun hat, dass es der Bevölkerung insgesamt schlechter geht.» Dadurch seien insbesondere Familien hohen Belastungen ausgesetzt und oft überfordert. Damit steige das Risiko für Misshandlungen.

Dass man Kinder nicht schlagen dürfe, sei unterdessen ein weit verbreitetes Wissen, sagt Staubli weiter. Dass aber auch psychische Misshandlungen wie Vernachlässigung grossen Schaden anrichten, sei noch nicht so bekannt: «Da müssen wir künftig genau hinschauen und überforderte Eltern so gut wie möglich unterstützen.»

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 1.2.2024, 12:03 Uhr ; 

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