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Treffen von Cassis und Tajani Schweiz-Italien: Die Beziehung ist gut, das Dublin-Problem bleibt

Die Beziehung Schweiz-Italien ist gut, wären da nicht die Geflüchteten. Denn Italien hat noch immer das Dublin-Abkommen ausgesetzt.

Der langjährige Grenzgängerstreit mit Italien: beigelegt. Knatsch wegen Steuerwohnsitz reicher Italiener in der Schweiz: erledigt. Die Beziehungen mit Italien seien auch deshalb so ausgezeichnet, weil man in Rom gute Ansprechpartner habe, sagt Ignazio Cassis.

«Ich muss ehrlich sagen, mit den letzten zwei Aussenministern, zuerst Luigi Di Maio und jetzt Antonio Tajani, haben wir sehr pragmatische Persönlichkeiten gefunden, die sehr schnell die anderen Kollegen informieren und dazu aufrufen, die Probleme schnell zu lösen. Und das läuft», so Cassis.

Nicht nur die Sprache, aber auch die dahinterliegende Kultur, der Humor und das Sein. Ich glaube, das hilft enorm.
Autor: Ignazio Cassis Schweizer Aussenminister

Nicht unwesentlich zu dem engen und guten Verhältnis beigetragen, dürfte auch Bundesrat Cassis selbst haben. Der Tessiner Bundesrat mit italienischen Wurzeln hat einen guten Draht zu Rom gefunden. «Nicht nur die Sprache, aber auch die dahinterliegende Kultur, der Humor und das Sein. Ich glaube, das hilft enorm.»

Nur das jüngste Problem mit Italien konnte Cassis bisher noch nicht lösen: das Flüchtlingsproblem. Die Regierung Meloni hat Ende 2022 das Dublin-Abkommen mit allen Schengen-Dublin-Staaten, also auch der Schweiz, ausgesetzt.

Das heisst, seit bald zwei Jahren nimmt Italien keine Flüchtlinge aus anderen Ländern zurück, für welche es nach den Dublinregeln eigentlich zuständig wäre. Mittlerweile sind es bereits 803 Personen, um welche sich nun die Schweiz kümmern muss, weil die Frist zur Rückübernahme nach Italien abgelaufen ist. Das bestätigt das Staatssekretariat für Migration (SEM) gegenüber Radio SRF.

Allerdings legt das SEM Wert darauf, dass täglich zwischen zehn und 30 Personen an der Südgrenze abgewiesen werden – dank eines vereinfachten Rückübernahmeabkommen mit Italien. Dabei handelt es sich um Migranten, welche kein Asylgesuch gestellt haben.

Zwei Personen sitzen an einem Tisch in einem hellen Raum.
Legende: Seit bald zwei Jahren hat Italien das sogenannte Dublin-Abkommen ausgesetzt. Das bedeutet, dass viele Asylsuchende in der Schweiz bleiben, obwohl Italien für sie zuständig wäre. Deren Zahl ist mittlerweile deutlich angestiegen. Keystone/SALVATORE DI NOLFI (22.01.2016)

Nichtsdestotrotz: Die Schweiz bleibt auf den Dublin-Fällen sitzen. Das müsse in absehbarer Zeit gelöst werden, sagt Cassis. «Ich habe selbstverständlich auch gesagt, was uns immer noch auf dem Magen liegt, wie diese Nichtumsetzung des Dublin-Abkommens, obwohl wir die Gründe verstehen. Aber das lässt uns unzufrieden.»

Italien machte die Überlastung des Asylwesens als Grund für die Suspendierung des Dublin-Abkommens geltend. Mittlerweile hat sich jedoch die Situation in Italien deutlich beruhigt, weil die Flüchtlingsrouten geändert haben.

Cassis zeigt Zuversicht, Tajani bleibt vage

Cassis ist zuversichtlich, dass sich die Flüchtlingssituation in Italien weiter entspannt, da künftig Geflüchtete in Zentren in Albanien untergebracht werden sollen. So würde das Dublin-Abkommen bald wieder umgesetzt, ist Bundesrat Cassis überzeugt.

Beim italienischen Aussenminister Tajani tönt es hingegen etwas vage. Ja, man versuche, das Problem so schnell wie möglich zu lösen. Man werde versuchen, das Ganze zu beschleunigen, so Tajani. Ob es sich dabei um Wochen oder Monate handelt, bleibt offen.

Echo der Zeit, 12.08.2024

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