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Trojaner, Handy-Ortung und Co. So setzen die Behörden die neuen Überwachungsmöglichkeiten ein

2018 sind etwa gleich viele Überwachungsmassnahmen angeordnet worden wie im Vorjahr – trotz neuer Möglichkeiten.

Ein Mord, eine brutale Vergewaltigung oder Drogenhandel im grossen Stil: Bei schweren Verbrechen überwachen die Strafverfolger Verdächtige manchmal auch mit technischen Mitteln, hören Telefonate ab oder lesen E-Mails mit.

Dank des vor einem Jahr revidierten Gesetzes dürfen Ermittler nun auch neue Überwachungstechniken einsetzen: Staatstrojaner oder Handyortung. Nun liegen erstmals Zahlen vor, wie oft die Behörden zur neuen Technik gegriffen haben.

Meist geht es um Drogendelikte

IMSI-Catcher können Handys orten oder Gespräche abhören. Wie oft solche Geräte eingesetzt wurden, hat der zuständige Überwachungsdienst beim Bund im Rahmen des neuen Überwachungsgesetzes nun erstmals gezählt.

Nils Güggi vom Überwachungsdienst erklärt, dass es seit 2018 eine explizite Grundlage für den Einsatz der IMSI-Catcher gebe: «Jetzt sehen wir, dass diese Geräte im letzten Jahr 84 Mal eingesetzt wurden.» In fast der Hälfte dieser 84 Einsätze ging es um Drogendelikte. In einem Fall wurde eine Person im Bereich des islamistischen Extremismus überwacht.

Die Anzahl der Einsätze von IMSI-Catchern wird wohl relativ stabil bleiben.
Autor: Fabien Gasser Präsident der Schweizerischen Staatsanwältekonferenz

IMSI-Catcher sind für Strafverfolger allerdings nicht ganz neu. Sie nutzten sie schon vor dem 1. März 2018 – einfach ohne explizite rechtliche Grundlage. Der Präsident der Schweizerischen Staatsanwältekonferenz, der Freiburger Fabien Gasser, erklärt, dass die kantonalen Strafverfolger IMSI-Catcher vor allem bräuchten, um unbekannte Handynummern von Verdächtigen herauszufinden.

«Die Anzahl der Einsätze von IMSI-Catchern wird wohl relativ stabil bleiben», sagt Gasser. Diese sind politisch umstritten, unter anderem weil sie nicht nur eine verdächtige Person überwachen, sondern den Mobilfunk von allen Personen im Umkreis stören können.

Staatstrojaner neuerdings im Einsatz

Neu explizit erlaubt ist Strafverfolgern auch der Einsatz von Staatstrojanern, von so genannter «GovWare». Dabei wird heimlich Software auf dem Handy der verdächtigen Person installiert. So können Strafverfolger auch verschlüsselte Kommunikation mithören oder mitlesen, etwa wenn ein verdächtiger Drogenhändler via Skype telefoniert oder mit WhatsApp Nachrichten verschickt.

Keinen einzigen abgeschlossenen Einsatz eines Staatstrojaners meldet nun der Überwachungsdienst für 2018. Doch mittlerweile greifen Strafverfolger auch auf dieses neue Instrument zur Überwachung zurück: «GovWare» werde heute zur Aufklärung von schweren Straftaten eingesetzt, bestätigt eine Sprecherin beim Bundesamt für Polizei (fedpol) auf Anfrage – etwa wenn es um Leib und Leben geht.

Herkömmliche Methoden bleiben gefragt

Ansonsten griffen Strafverfolger im letzten Jahr etwa gleich oft zu den herkömmlichen Überwachungsmitteln wie in den Jahren zuvor: Sie hörten Telefonate mit oder stellten fest, wer wann mit wem telefoniert hat. Das mag etwas überraschen: Im Zeitalter, in dem immer mehr verschlüsselt kommuniziert wird, wäre anzunehmen, dass Strafverfolger beim normalen Abhören von Handygesprächen nicht mehr viel herausfinden.

«Dass die Zahl nun stabil bleibt, ist für mich eine gute Neuigkeit», sagt Staatsanwalt Gasser. Auch herkömmliche Überwachungsmethoden brächten den Strafverfolgern noch immer interessante Ergebnisse. Offenbar haben sich noch lange nicht alle Kriminellen in jene verschlüsselten Bereiche des Internets verzogen, wo die Überwachung schwieriger wird.

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