Die klare Unterstützung für Heidi Zgraggen von der SVP ist eine Leistung. Dies geschafft hat die Urnerin wegen ihrer gradlinigen, urchig offenen Art kombiniert mit ihrer wirtschaftsliberalen Haltung und einer Prise Europaskepsis. Das hat heute gereicht, um das Gros der Stimmen der SVP-Fraktion zu erhalten.
Eine «sympathische Wucht»
Die 52-Jährige sei eine «sympatische Wucht» sagte ein Politiker über die Urner Regierungsrätin nach dem Hearing. Hätte sie bei der SVP heute nicht punkten können, wären ihre Chancen Bundesrätin zu werden bereits verflogen. Das ist nicht passiert. Respekt für die Aussenseiterin.
Trotzdem wird es Heidi Z’graggen schwer haben, in einer Woche die Walliser Nationalrätin Viola Amherd zu schlagen. Wieso?
Politiker mögen Nähe
Amherd politisiert seit 13 Jahren im Nationalrat. Ihre Ratskolleginnen und -kollegen kennen sie aus den Kommissionen, vom Café Vallotton im Bundeshaus. Diese Nähe mögen Parlamentarier. Amherd sei dossiersicher, bescheiden und authentisch. Sie tue, was sie sage.
- Die SP wird wohl mehrheitlich für Amherd stimmen, weil sie in gesellschaftspolitischen Fragen offener ist als Z'graggen. Offiziell will man aber noch gar nichts sagen.
- In der CVP selber macht die Briger Anwältin und Notarin einen guten Job als Vizefraktionschefin. Ihre Arbeit sei wichtig, weil Fraktionschef Filippo Lombardi viel unterwegs sei, die grossen Linien möge und Detailfragen gerne anderen überlasse, hört man aus der christdemokratischen Fraktion.
- Entscheidend wird sein, was die FDP macht: Welsche Stimmen (rund ein Drittel der Fraktion) werden wohl eher zur mehrsprachigen Amherd gehen, ein paar konservative Stimmen aus der Innerschweiz eher zu Z’graggen. Für eine Prognose, wer mehr Stimmen erhalten wird, sei es noch zu früh, sagt Fraktionschef Beat Walti. Die Hearings nächste Woche seien entscheidend. Trotzdem hört man aus der FDP-Fraktion: Wir haben keine Lust auf Experimente mit einer Regierungsrätin von aussen, die wir zu wenig kennen.
Gegen Z’graggen spricht momentan auch, dass das Lobbying für die Urnerin im Parlament noch nicht spürbar ist. Das sagen Politiker von links bis rechts. Und genau das wäre jetzt matchentscheidend, wenn Z’graggen Viola Amherd wirklich gefährlich werden will. Was noch nicht ist, kann noch kommen. Aber es müsste schnell kommen.
Zählt man alle diese Faktoren zusammen, dürfte es Aussenseiterin Heidi Z’graggen bei der Bundesratsersatzwahl am 5. Dezember wohl nicht schaffen, gegen Viola Amherd zu gewinnen, auch wenn sie heute bei der grössten Fraktion, der SVP, gut abgeschnitten hat.