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Überfälle und Einbrüche Neuenburg: Algerische Kriminelle sorgen für Probleme

Neuenburg erlebte im Sommer eine beispiellose Serie von Kriminaldelikten. Die meisten Täter stammen aus Algerien.

So etwas hat die Bevölkerung in der Region Neuenburg noch nie erlebt: 718 Diebstähle, Einbrüche und Raubdelikte allein zwischen Juni und Mitte September. Ein Vielfaches gegenüber früheren Jahren. Raubdelikte haben sich im Juli gegenüber dem langjährigen Schnitt etwa verzehnfacht. Die Polizei spürte nach eigenen Angaben insgesamt 230 Verdächtige auf. Die meisten sind laut Polizei Wiederholungstäter. Ein Grossteil stammt aus Algerien. Das Problem: Algerien akzeptiert kaum Zwangs-Rückschaffungen.

Algerische Wiederholungstäter

Die Kriminalitäts-Serie in Neuenburg ist einzigartig – neu ist das Phänomen aber nicht: Algerier werden in der Schweiz überdurchschnittlich häufig Straftaten beschuldigt.

In der Kriminalitätsstatistik 2019 rangieren sie auf Platz zehn, obwohl sich nur wenige Tausend Algerierinnen und Algerier in der Schweiz aufhalten. Die Täter sind häufig Asylsuchende oder Menschen, die illegal im Land sind.

Zwangs-Ausschaffung kaum möglich

Das Problem: Die Schweiz kann viele Algerier nicht ausschaffen. Zwar gibt es ein Rückübernahme-Abkommen, doch der nordafrikanische Staat akzeptiert keine Sonderflüge. Diese werden nötig, wenn sich Betroffene wehren und zum Beispiel gefesselt werden müssen. Wer heftig Widerstand leistet, kann somit meist nicht ausgeschafft werden. Das bestätigt das Staatssekretariat für Migration SEM der «Rundschau». 547 Algerier sollten laut SEM ausgeschafft werden. Das ist ein Rekord: Für kein anderes Land ist der Pendenzenberg höher.

Trotz der Probleme sprechen die Bundesbehörden von einer guten Zusammenarbeit: Die Zahl der Rückführungen sei in den letzten Jahren gestiegen, die Zahl der hängigen Ausschaffungen deutlich gesunken. Algerien verbiete allen Staaten Sonderflüge, schreibt das SEM. Die Situation sei eine «Herausforderung». Man suche im Gespräch mit den algerischen Behörden praktische Lösungen.

Druck auf den Bundesrat

Der Neuenburger Sicherheitsdirektor Alain Ribaux (FDP) verlangt, dass der Bund Druck macht auf die algerische Regierung, damit diese Straftäter zurücknimmt. Gleiches fordert die SVP. Sie will, dass die Schweiz als Druckmittel keine Visa mehr an algerische Staatsbürger ausstelle.

Bundesrat und SEM stellen sich gegen diese Forderung. «Es wäre unrealistisch davon auszugehen, dass Algerien der Schweiz aufgrund von Retorsionen als einzigem europäischem Staat die Möglichkeit, Sonderflüge durchzuführen, gewähren würde», schreibt das SEM der «Rundschau».

Eine schnelle Verbesserung der Situation ist nicht in Sicht. Aufatmen hingegen kann die Bevölkerung in Neuenburg: Inzwischen ist die Kriminalitätswelle abgeebbt.

Europäische Lösung?

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Die Bundesbehörden hoffen auf ein gesamteuropäisches Vorgehen im Fall Algerien. Seit Februar gelten im Schengen-Raum neue Visa-Vorschriften. Diese verknüpfen die Visa-Vergabe mit der Kooperationsbereitschaft des betreffenden Staats bei Rückschaffungen. Staaten, die schlecht kooperieren, müssen mit erschwertem Zugang zu Schengen-Visa rechnen. Bis Ende Jahr soll die EU-Kommission mit einem Bericht die Kooperationsbereitschaft verschiedener Staaten erstmals unter die Lupe nehmen.

«Rundschau»

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«Rundschau»

Mehr zum Thema in der « Rundschau » um 20.05 Uhr auf SRF 1.

Rundschau, 07.10.2020, 20:05 Uhr

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