In ihrem Zimmer, im Bus oder am Strand. Dies sind die Orte, an denen der 35-jährige Lagerleiter C. die Minderjährigen bedrängt hat. Er habe sie unsittlich berührt und Bilder und Videos davon auf Pädophilen-Netzwerken im Darknet veröffentlicht, wie die «Tribune de Genève» und «24heures» publik machen.
Ich habe selber Kinder und stelle mir natürlich sofort vor, dass es auch meine hätten sein können.
Betroffen von den Übergriffen sind 20 Mädchen im Alter von vier bis zwölf Jahren. Sie hatten an Freizeitlagern in Genf, dem Wallis, der Waadt und in Frankreich teilgenommen. Diese wurden von der Organisation Caritas Jeunesse organisiert. Fast acht Jahre lang blieben die Übergriffe unbemerkt.
Manuela Marti, Präsidentin von Caritas Jeunesse, zeigt sich betroffen. «Ich konnte es kaum glauben», sagt sie. «Es ist schwierig, sich das vorzustellen – wir haben dem Mann vertraut, ihm die Kinder anvertraut. Ich habe selber Kinder und stelle mir natürlich sofort vor, dass es auch meine hätten sein können.»
Das Ganze flog erst auf, als ein Mädchen Sachen beobachtet habe, die ihm seltsam erschienen. Das Mädchen erzählte es seinen Eltern und diese wendeten sich an die Organisatoren. Caritas Jeunesse habe daraufhin, im letzten Januar, sofort die Polizei eingeschaltet.
Mann war Freiwilliger
Caritas Jeunesse organisiert jedes Jahr während der Genfer Schulferien verschiedene Lager. Letztes Jahr waren es 35 mit über 1000 Teilnehmern. Caritas Jeunesse gehört zu Caritas Genf, ist aber ein eigenständiger Verein. In den Lagern arbeiten viele Freiwillige. Auch der mutmassliche Täter war einer von ihnen.
Bereits heute gebe es Kurse zur Sensibilisierung für Gefahr von sexuellem Missbrauch, zudem würde dies beim Auswahlgespräch mit den Freiwilligen thematisiert. Im Lager gebe es viele Regeln. «Wir diskutieren beim Interview zur Auswahl der Freiwilligen, was wir von ihnen erwarten, was ein gesunder Umgang mit den Kindern ist», sagt Benoît Gros, soziokultureller Animator bei Caritas Jeunesse und Organisator der Ferienlager.
Nun sollen die Präventionsmassnahmen verstärkt werden. Neu wird etwa ein Strafregisterauszug verlangt. Dies hätte im vorliegenden Fall aber nichts genützt, wie Marti einräumt, da der Mann keine Vorstrafen hatte. «Was mich am meisten schockiert hat, ist, dass all diese Kinder nie gesprochen haben», sagt sie. Darum müsse man auch bei den Kindern ansetzen. «Man muss ihren kritischen Geist fördern», sagt sie, «denn am Ende war es eines der Kinder, das den entscheidenden Hinweis gegeben hat».
Laufende Untersuchung
Im Februar letzten Jahres wurde der Mann festgenommen, beschuldigt wegen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen, wie die Genfer Staatsanwaltschaft auf Anfrage bestätigt. Zudem sei ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben worden. Die Untersuchung läuft noch.
Wir durften nicht kommunizieren, weil die Polizei es uns untersagt hat, um die Untersuchung nicht zu gefährden.
Laut Zeitungsberichten ist der Mann Ende Dezember einvernommen worden und sei in den meisten Punkten geständig. Er befinde sich in psychologischer Behandlung. Dennoch: Die lange Dauer und die hohe Anzahl betroffener Kinder beschäftigten viele Eltern.
Caritas Jeunesse betont, man habe sofort reagiert. Die Polizei habe dann übernommen. Warum aber wurde nicht kommuniziert? Dominique Froidevaux, Direktor von Caritas Genf: «Erstens durften wir nicht, weil die Polizei es uns untersagt hat, um die Untersuchung nicht zu gefährden.» Andererseits gelte es abzuwägen: Dem öffentlichen Interesse stehe der Persönlichkeitsschutz der Opfer gegenüber. «Es ist wichtig, die Kinder zu schützen.»