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Überleben in der Wildnis Im Pfadilager für Erwachsene

Schlafplatz bauen, Feuer machen, Essen besorgen – wie überlebt man tagelang in der Natur? Überlebenscamps boomen.

Was passiert, wenn man irgendwo draussen in der Wildnis sitzt, nur mit dem Nötigsten an Ausrüstung? Wie kommt man so zurecht? Um das zu testen, schickte das Schweizer Fernsehen bereits Ende der 80er-Jahre Freiwillige in den Wald. Heute – drei Jahrzehnte später – sind Überlebenscamps im Trend. Neue Kurse schiessen wie Pilze aus dem Boden. Auch im Kanton St. Gallen.

44 Stunden abseits der Zivilisation

In einem Waldstück haben sich hier acht Naturbegeisterte versammelt. Zweieinhalb Tage lang wollen sie das Leben in der Wildnis testen. 44 Stunden draussen im Wald, ohne Dach über dem Kopf und nur mit wenig Essen. In den kommenden Tagen werden sie an ihre Grenzen kommen: beim Hütten bauen, Zähneputzen oder Insekten-Essen.

Ich möchte wieder mal spüren, was es heisst, zu überleben.
Autor: Cédric Waldburger Kursteilnehmer

Weshalb tut man sich ein Überlebenscamp an? Für Teilnehmer Cédric Waldburger ist es das Erlebnis in der Natur und die Auszeit von der Arbeit, welche ihn ins Camp lockten. «Mein Leben ist eigentlich auf einem sehr hohen Standard. Ich geniesse es als Ausgleich. Ich möchte wieder mal spüren, was es heisst, zu überleben. Ich möchte wissen, wie es draussen in der Wildnis ist.»

Auch die Schwestern Yael und Sina Sollberger haben sich für eine Teilnahme im St. Galler Überlebenscamp entschieden. Sina schenkte Yael das Survival Training zum Geburtstag. Zusammen bauen die Schwestern nun im Wald einen Schlafplatz für die Nacht. Die Arbeit dauert Stunden, und es gibt einiges zu beachten. Die Hütte muss genug lang und breit sein sowie regendicht, zumindest einigermassen.

Es ist bereits dunkel, als die Hütte von Yael und Sina Sollberger fertig gebaut ist. Am Lagerfeuer gibt es für die Kursteilnehmer einen Happen zu essen. Nicht viel. Pro Person einen kleinen Fladen Brot. Dann, nach elf Uhr, geht es ins Bett.

Gegrillte Maden zum z'Mittag

Tag zwei beginnt sonnig und mit Morgensport: Joggen über Stock und Stein. Seit bald 20 Stunden ist die Gruppe nun im Wald. Der Alltag in der Zivilisation rückt mit jeder Stunde weiter in die Ferne, die Stimmung ist ausgelassen. Auf die Gruppe wartet aber bereits die nächste Herausforderung: Insekten zum Mittagessen. Gegrillte Bienenmaden und Grillen.

Yael Sollberger ist zunächst gar nicht angetan von der gewöhnungsbedürftigen Nahrung. Schliesslich überwindet sie aber ihren Ekel. Nachdem sie die Insekten verspeist hat, stellt sie etwas erstaunt fest: «Die sind ganz lecker.» Auch ihre Schwester Sina nimmt ihren ganzen Mut zusammen und degustiert die kleinen Tierchen.

Die Leute wollen der digitalen Welt entfliehen.
Autor: Tim Dias Survival-Trainer

Kulinarische und andere Abenteuer draussen in der Natur – immer mehr Menschen liessen sich darauf ein, sagt Survival-Trainer Tim Dias. Seit 15 Jahren ist er im Geschäft. Heute kämen nicht mehr nur Naturbegeisterte in seine Camps, sondern Menschen aus allen Bereichen. Die Nachfrage steige, auch Firmen nutzten die Kurse zur Teambildung. «Die Leute wollen der digitalen Welt entfliehen», erklärt er sich den Boom.

Inzwischen ist der dritte und letzte Tag im Überlebenscamp angebrochen. Nach dem Frühstück heisst es Zähneputzen. Aus einem Ast schnitzen die Kursteilnehmer eine Zahnbürste. Auch die Zahnpasta stellen sie selber her, indem sie ein Stück Kohle auf einem Stein zerstossen.

Das Zähneputzen mit Ast und Kohle will aber geübt sein. Der eine oder andere bekundet beim ersten Versuch noch etwas Mühe damit und verschmiert sich Mund und Hände mit der schwarzen Zahnpasta – zur Belustigung der ganzen Gruppe.

Nach dem Frühstück und Zähneputzen heisst es: zusammenpacken. Die 44 Stunden in der St. Galler Wildnis sind bald geschafft. Alle sind froh um die Erfahrung, aber auch erschöpft.

Ich merke die Kälte immer mehr, das Wasserabkochen ist mühsam.
Autor: Cédric Waldburger Kursteilnehmer

Kursteilnehmer Cédric Waldburger freut sich vor allem auf die Dusche. «Auch wenn es nur zweieinhalb Tage sind, geht es an den Kern.» Die zweite Nacht habe er gar nicht gut geschlafen. Die Kälte merke man immer mehr. Das Wasserabkochen werde mühsam. «Man kann nicht einfach den Wasserhahn anstellen.»

Nun ist es Zeit, den Schritt zurück in die Zivilisation zu wagen: Im Gepäck den einen oder anderen Trick, wie man sich einen Weg durch die Wildnis schlägt. Eine einzigartige Erfahrung, die immer mehr Menschen in der Schweiz machen wollen.

Die Fernseh-Show von 1989

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