Die Grendelstrasse in der Stadt Luzern ist nur rund 100 Meter lang. Aber kaum eine Touristin, kaum ein Tourist, der ein paar Stunden in der Zentralschweizer Stadt verweilt, lässt sie links liegen. Alle schlendern den Grendel, wie die Einheimischen diesen Tourismus-Hotspot nennen, einmal hoch und runter. Sei es, um die Auslagen bloss zu bestaunen oder tatsächlich etwas zu kaufen. Hier am Grendel reiht sich ein Uhren- und Schmuckgeschäft ans Nächste.
«Im Bucherer wird alle 5 Minuten eine Rolex verkauft», ist ein gängiges Bonmot in Luzern. Ob es tatsächlich so ist, sei dahingestellt – denn die Uhrenbranche und damit auch das Geschäft am Grendel sind im Umbruch.
Der Grendel, wie er sich heute präsentiert, diese Uhren- und Schmuckmeile gleich beim Schwanenplatz im Zentrum der Stadt, wurde hauptsächlich für die Luzern-Reisenden gestaltet. Jahrelang galt die Devise: Aus dem Car aussteigen, rein in die Geschäfte, kaufen – und mit der neuen Uhr im Gepäck weiterreisen.
Nun machten in den letzten Wochen gleich zwei Unternehmen mit schlechten Neuigkeiten Schlagzeilen: Das einheimische Familienunternehmen Gübelin muss 30 Stellen streichen, und dem Uhren- und Schmuckgeschäft Les Ambassadeurs droht gar die Schliessung.
Für Branchenexperte Oliver Müller kommen diese Nachrichten nicht überraschend. «Diese Entwicklung lässt sich seit längerer Zeit beobachten», sagt er. Für diese Veränderung sieht er verschiedene Gründe. Zum einen habe sich das Kaufverhalten ganz grundsätzlich verändert. «Man merkt einen Generationenwechsel», sagt der Uhrexperte, «junge Leute sind sich gewohnt, im Internet zu kaufen – der Besuch eines Ladens, das Kauferlebnis vor Ort, ist ihnen nicht mehr gleich wichtig wie älteren Leuten.»
Starke Marken wollen heute exklusiv vertreten werden.
Und: «Grosse Marken eröffnen heute ihre eigenen Läden, in denen exklusiv ihre Modelle verkauft werden.» Im Gegenzug würden sie ihre Verträge mit den Fachgeschäften auflösen, die mehrere Marken verkaufen.
Die Preise steigen
Zurück nach Luzern: Hier hat die Familie Casagrande mehrere Geschäfte. Seit 1948 hat sich das familiengeführte Unternehmen auf das Geschäft mit Touristen spezialisiert. Robert Casagrande schiebt den Ball auch den Uhrenfirmen selbst zu: «Das Problem ist, dass die Absätze stagnieren und verschiedene Uhrenmarken dies zu kompensieren versuchen, indem sie die Preise erhöhen», sagt er. «Die gestiegenen Preise halten Touristinnen und Touristen auch von einem Kauf ab.» Ein weiterer Grund sei aktuell der für Reisende schlechte Wechselkurs etwa des Dollars.
Eine Veränderung beim Verhalten der Reisenden erwähnt auch der Luzerner Tourismusdirektor Marcel Perren: «Früher war für viele klar, dass sie mit einer Uhr aus ihren Schweiz-Ferien zurückkehren.» Das sei heute nicht mehr so. Der Fokus habe sich - auch bei asiatischen Touristen - in Richtung Ferienerlebnisse verschoben. Konkret: Das Feriengeld wird auch mal für ein teureres Hotel, eine exklusive Schifffahrt oder ein Erlebnis auf einem Berg statt für Souvenirs ausgegeben.
Und so ist allen Beteiligten klar. Es gibt Veränderungen auf der Luzerner Uhrenmeile. Und doch zeigt eine kurze Umfrage bei Touristinnen und Touristen vor Ort: Auf eine Schweizer Uhr, zuverlässig und in der Schweiz gefertigt, ist man immer noch stolz. Die Bereitschaft, dafür ganz tief ins Portemonnaie zu greifen, nimmt allerdings ab.