Bei der Stiftung für Betagte, die in Münsingen bei Bern drei Alterssiedlungen betreibt, weiss man, dass das Coronavirus nicht verschwunden ist. An einem der drei Standorte steckten sich jüngst zwei Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner mit dem Virus an.
Doch dieses Mal sei der Ausbruch anders gewesen, sagt der Leiter der Stiftung, Adrian Junker. Die Verläufe seien viel milder als zu Beginn der Pandemie und das Virus habe viel von seinem Schrecken verloren.
Ich bin überzeugt, dass wir Menschen als soziale Wesen Gruppenkontakte brauchen.
Junker sagt weiter: «Wir schützen uns, wir fahren die Massnahmen hoch, aber wir schliessen im Alltag nicht alles zu. Wir sagen auch viele Anlässe nicht mehr ab.» Man habe gelernt, mit dem Virus zu leben und nicht ständig gegen das Virus zu kämpfen.
Bedürfnis nach Austausch in der Gruppe
Junker spricht zwei wichtige Punkte an. Einerseits litten die Betagten teilweise heftig unter dem Besuchsverbot, das den Austausch mit den Angehörigen stark einschränkte. Andererseits sei auch die Absage aller Veranstaltungen schlimm gewesen. Gruppenaktivitäten seien nun aber wieder möglich und sie wirkten sich positiv auf die Bewohnerinnen und Bewohner aus.
Sie überlegten sich etwa wieder häufiger, was sie anziehen wollen, so Junker. Er begründet dies mit dem Bedürfnis nach sozialem Austausch: «In eine Gruppe wird man gesehen und ich bin überzeugt, dass wir Menschen als soziale Wesen diese Gruppenkontakte brauchen, um gesund zu bleiben.»
«Nach der Pandemie ist vor der Pandemie»
Der Umgang der Alters- und Pflegezentren mit dem Virus hat sich also geändert. Neu legen diese grösseren Wert auf die psychische Gesundheit der Bewohnenden. Doch Normalität sei noch nicht eingekehrt, sagt Beatrix Wozny.
Sie leitet den Pflegedienst im Pflegezentrum Bombach in der Stadt Zürich und mahnt zur Vorsicht: «Wir wissen nicht genau, was passiert. Nach der Pandemie ist vor der Pandemie.» Die Lage in den Alters- und Pflegezentren ist derzeit gut. Sie haben ihre Lehren aus den ersten zwei Pandemiejahren gezogen.
Trotzdem hat Wozny mit Blick auf den Herbst noch einige Sorgen: «Sind wir in der Lage, die richtigen Massnahmen zum richtigen Zeitpunkt zu treffen? Wie sieht es aus mit den Impfungen?» Trotz der offenen Fragen sei sie aber positiv gestimmt.