Die SVP verlangt, dass verurteilte ausländische Straftäter konsequent des Landes verwiesen werden.
Ebenso greift sie die Härtefallklausel an, die es ermöglicht, auf Landesverweise zu verzichten.
Am Mittwoch stellte sie ein Positionspapier dazu vor.
Bei der Umsetzung der SVP-Ausschaffungsinitiative hätten Vertreter der anderen Parteien die Härtefallklausel als «absolute Ausnahme» bezeichnet. Eine «pfefferscharfe Umsetzung» sei zugesichert, dieses Versprechen aber nicht eingelöst worden, kritisierte der frühere Berner Nationalrat Adrian Amstutz in Bern vor den Medien.
42 Prozent ohne Landesverweis
Das Bundesamt für Statistik (BFS) errechnete für das Jahr 2019, dass über das Ganze gesehen die obligatorische Landesverweisung in 58 Prozent der Fälle angewendet wurde. Bei 42 Prozent wurde darauf verzichtet. Die Zahlen waren Ende Juni veröffentlicht worden.
Gemäss BFS konnte 2019 zum ersten Mal vollständig erfasst werden, mit wie vielen Verurteilungen für im «Katalog» des Strafgesetzbuches aufgeführten Straftaten eine Landesverweisung ausgesprochen wurde. Zuvor konnten Urteile wegen Diebstahls mit Hausfriedensbruch oder Betrugs in Verbindung mit Sozialleistungen nicht einbezogen werden.
Korrektur von Härtefallklausel
Die SVP fordert gestützt auf die Zahlen, wegen Straftaten verurteilte Ausländerinnen und Ausländer «konsequent» wegzuweisen, wenn die Landesverweisung gemäss Strafgesetzbuch obligatorisch ist. Die Härtefallklausel für Ausnahmen von der nach gewissen Straftagen obligatorischen Landesverweisung will sie aus dem Gesetz streichen.
Schwere der Tat, Aufenthaltsstatus und Personenverkehr als Gründe
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Auf den Entscheid, Verurteilte nicht des Landes zu verweisen, hatten die Schwere der Tat und auch der Aufenthaltsstatus einen Einfluss, wie das BFS schreibt. Etwa war nach einem Tötungsdelikt oder einer Vergewaltigung das Risiko, die Schweiz verlassen zu müssen, fast 80 Mal höher als etwa beim unrechtmässigen Bezug von Sozialhilfe.
Für Personen ohne B- oder C- Ausweis ist das Risiko einer Landesverweisung 14 Mal höher als für eine Person mit einer C-Bewilligung. Auch wurden in der Schweiz geborene Ausländerinnen und Ausländer weniger oft des Landes verwiesen als im Ausland geborene Verurteilte.
Einen Einfluss auf den Entscheid für oder gegen den Landesverweis hatte laut BFS bisher auch, ob der Verurteilte aus einem Land kommt, für das der freie Personenverkehr gilt. Der Unterschied kommt aber nur zum Tragen, wenn es um Menschen geht, die keinen B- oder C-Ausweis haben.
Weiter verlangt die Partei Aufschluss über die unterschiedliche Anwendung der Härtefallklausel in den Kantonen und eine Begründung für Ausnahmen gestützt auf die Klausel. Werde nicht Einhalt geboten und die Härtefallklausel weiterhin «übermässig» angewandt, behält sich die SVP eine neue Volksinitiative vor, wie sie schreibt.
Ein Urteil muss in einem Rechtsstaat immer verhältnismässig sein
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Bei Richterinnen und Richtern kommt die Forderung der SVP nach einer Streichung der Härtefallklausel schlecht an. Stellvertretend sagt Felicitas Lenzinger, Präsidentin des Strafgerichts des Kantons Basel-Stadt und Mitglied der Richtervereinigung, die Härtefallklausel sei für die Gerichte ein sehr wichtiges Instrument. «Sie hat sich als tauglich erwiesen.» Die Ergebnisse würden durchaus dem Volkswillen entsprechen. Sie verweist dabei auf die Ausweisungsquote bei schweren Delikten: 100 Prozent bei Mord, fast 90 Prozent bei Diebstahl.
Und der Berner Staatsrechtsprofessor Markus Müller betont, dass eine automatische Landesverweisung gemäss einem Deliktekatalog in einem Rechtsstaat eine Illusion sei: Jeder einzelne Fall müsse geprüft werden. Zwar könne man den Ermessensspielraum weiter verengen. «Aber man kann ihn nicht eliminieren.» Das Prinzip, dass ein Urteil verhältnismässig sein müsse, lasse sich nicht umstossen, so Müller.
(srf)
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