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Umsetzung OECD-Mindeststeuer Frecher Hintergedanke zur Ergänzungssteuer: 15 Prozent für alle

Neben den Konzernen alle Unternehmen einbinden, damit der Bund leer ausgeht. So stellen sich einzelne Kantone das vor.

Mit überwältigendem Ja hat das Volk die Ergänzungssteuer für international tätige Grossunternehmen angenommen. Samt Verteilschlüssel zwischen Bund und Kantonen im Verhältnis von drei zu eins. Es geht geschätzt um eine bis zweieinhalb Milliarden Franken, die so zusätzlich in die Kassen der öffentlichen Hand fliessen könnten.

Doch nun denken verschiedene Kantone darüber nach, den Verteilschlüssel zwischen Bund und Kantonen zu unterlaufen, wie der «Tages-Anzeiger» recherchierte: Sie spielen mit dem Gedanken, die Gewinnsteuern für alle Unternehmen samt KMU auf 15 Prozent anzuheben. Ein Kniff.

So verschwindet die Ergänzungssteuer von allein

Um den Kniff zu verstehen, braucht es eine kurze Erklärung zur neuen Ergänzungssteuer: Denn dabei erheben die Kantone künftig nicht einfach 15 Prozent auf den Gewinnen der international tätigen Unternehmensgruppen. Vielmehr bleiben sie bei ihrer üblichen Gewinnbesteuerung für alle Unternehmen, die in den meisten Kantonen unter den international verlangten 15 Prozent liegt.

Die Kantone erheben somit mit der Ergänzungssteuer künftig also nur die Differenz zwischen dem kantonal üblichen Gewinnsteuersatz und den 15 Prozent. Wenn sie also die Firmensteuer grundsätzlich auf mindestens 15 Prozent anheben, entfällt die Differenz und somit auch die Ergänzungssteuer.

Die Akzeptanz des Auslands dürfte bei solchen kantonalen Einzelgängen ein grosses Handicap sein.
Autor: Ernst Stocker Präsident FDK

Kein Verständnis für solche Kniffe hat Ernst Stocker, Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren FDK. Schon länger bekannt seien solche Pläne für den Kanton Neuenburg, andere hätten noch nichts entschieden.

Der Zürcher Finanzminister fragt sich grundsätzlich, ob sich das überhaupt lohnen würde. Auch zweifelt er mit Blick auf die klaren OECD-Richtlinien, ob das Ausland solche kantonalen Einzelgänge akzeptieren würde.

OECD-Mindeststeuer
Legende: Eine klare Mehrheit von 79 Prozent des Stimmvolkes hat am Wochenende die OECD-Mindeststeuer angenommen. Keystone/Urs Flüeler

Natürlich – die Kantone sind frei, ihre Steuern selbst festzulegen, auch für die Unternehmen. Für den wichtigen Standortkanton Basel-Stadt sagt beim dortigen Finanzdepartement David Weber: «Wir beobachten jetzt die Entwicklung. Entscheidungen sind in Basel-Stadt noch nicht gefallen.»

Klare Worte des Gewerbeverbands

Klar ist aber, dass solche Entscheide in den Kantonen breit abgestützt sein müssen, andernfalls sind sie nicht mehrheitsfähig und werden von Kantonsparlament oder Stimmbevölkerung abgelehnt.

Das war nie Sinn und Zweck der gestrigen Abstimmung. Wir werden solche Vorschläge dezidiert bekämpfen.
Autor: Fabio Regazzi Präsident Schweizerischer Gewerbeverband SGV

So ist es kaum denkbar, dass die Unternehmen und vielen KMU einfach ihren Segen geben werden. Denn für sie würde das ja eine Steuererhöhung bedeuten.

Fabio Regazzi, Präsident des Gewerbeverbandes und Nationalrat der Mitte, stellt schon heute klar: «Das kommt sehr schlecht, denn das war nie Sinn und Zweck der gestrigen Abstimmung. Wir werden solche Vorschläge dezidiert bekämpfen.»

In den nächsten Monaten werden die Vorhaben konkretisiert. In Basel-Stadt etwa bis Ende Jahr. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schreibt auf Anfrage, sie wolle sich bis Ende Sommer einen Überblick verschaffen, was die Kantone an Massnahmen zur Umsetzung der Mindeststeuer genau planten.

Rendez-vous, 19.06.2023, 12:30 Uhr

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