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Umstrittene Hirnscans Bund stoppt Abklärungen der IV-Stellen

Die Invaliden Versicherung des Kantons Luzern setzte bei psychisch Kranken Hirnscanner ein für die IV-Abklärung. Die Methode gilt als unwissenschaftlich. Der Bund hat bereits letztes Jahr die Anwendung gestoppt – will aber die betroffenen Fälle nicht neu beurteilen.

Die Beurteilung von psychischen Leiden ist für die IV eine Herausforderung. Als Fortschritt präsentierte die IV-Stelle des Kantons Luzern 2014 die Hirnstrommessungen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen liess die umstrittene Methode zu.

IV-Gesuchsteller mit psychischen Leiden wurden einem Hirnscan unterzogen. Aus den Resultaten versuchten die IV-Ärzte zu interpretieren, ob die Person tatsächlich ein Leiden hat oder nur simulierte.

Vernichtendes Urteil von Experten

Patientenanwälte wie Alex Beeler waren schon damals empört. «Die Methode ist nicht seriös», sagt der Co-Präsident der Beratungsstelle für Unfallopfer und Patienten. Einem seiner Klienten hat die IV Luzern 2014 wegen der Hirnstrommessungen die Rente verweigert. «Es hiess, er sei ein Simulant», sagt Beeler.

Sein Klient hat geklagt. Das Gerichtsgutachten, das der Sendung «10vor10» jetzt vorliegt, gibt ihm Recht. Der unabhängige Gutachter kommt zum Schluss: Die Hirnmessmethode habe «erhebliche fachliche Mängel», sie «kann wissenschaftlich nicht begründet werden» und werde von keiner Fachgesellschaft anerkannt. Ein vernichtendes Urteil für IV-Stelle Luzern.

Kantonsgericht kritisiert IV

Das Kantonsgericht Luzern kam in einem andern Fall zum gleichen Urteil: Der Einsatz der Hirnstrommessungen für die Einzelfallbeurteilungen in der Invalidenversicherung sei wissenschaftlich nicht haltbar.

Nun zeigen Recherchen von «10vor10», dass das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schon vor dem Gerichtsurteil die umstrittenen Scans gestoppt hatte und die IV-Stellen angehielt, die Methode nicht mehr anzuwenden. Man sei schon 2015 zum Schluss gekommen, dass die Methode für die Anwendung durch die IV wissenschaftlich nicht genug gesichert sei, heisst es beim BSV. Das Urteil sei keine neue Erkenntnis.

IV will abgelehnte Fälle nicht korrigieren

Nach eigenen Angaben hat die IV Luzern insgesamt 26 Personen nach dieser umstrittenen Methode untersuchen lassen. Diese sollen aber nicht neu beurteilt werden. Die Hirnmessungen seien immer nur als Ergänzung eingesetzt worden – so die Begründung vom BSV und der IV Luzern.

Diese Haltung sorgt für Kritik: «Es ist beschämend, dass das BSV nicht die Grösse hat, die als Folge der Hirnstrommessungen abgelehnten Fälle neu zu prüfen», sagt Patientenanwalt Alex Beeler. Und auch die Basler Nationalrätin Silvia Schenker will eine vollständige Aufklärung. Sie hatte versucht mittels einer Interpellation im Jahre 2014 die Hirnscans zu untersagen.

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