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Umstrittenes Demoplakat «Kill Erdogan»-Prozess: Berner Gericht spricht Beschuldigte frei

  • «Tötet Erdogan mit seinen eigenen Waffen!»: Demonstrierende sorgten im März 2017 an einer Kundgebung auf dem Berner Bundesplatz mit einem Transparent für einen Eklat.
  • Kurz nachdem das Plakat mit dem Konterfei des türkischen Präsidenten die Runde gemacht hatte, bestellte die türkische Regierung die Vize-Botschafterin ein und verlangte Strafen für die Urheber. Auch Erdogan selbst meldete sich zu Wort.
  • Das Regionalgericht Bern-Mittelland hat die beschuldigten Personen nun freigesprochen.

Es war ein Prozess mit politischer Sprengkraft: Das Regionalgericht Bern-Mittelland hat am Mittwoch die vier beschuldigten Personen freigesprochen.

Kein Aufruf zur Gewalt

Es sei nicht erwiesen, dass die vier Beschuldigten mit ihrem Plakat zu konkreter physischer Gewalt gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan aufgerufen hätten: Das sagte der Richter des Regionalgerichts Bern-Mittelland am Mittwoch bei der Urteilsverkündung. Der Spruch auf dem Plakat – «Kill Erdogan with his own weapons!», also «Töte oder tötet Erdogan mit seinen eigenen Waffen!» – bedeute in erster Linie, den Spiess gegen Erdogan umzudrehen, ihn mit seinen eigenen Waffen zu bekämpfen. «To kill» bedeute auf Englisch nicht nur «töten», sondern etwa auch «ausser Gefecht setzen». Dass auf dem Plakat auch eine Pistole zu sehen gewesen sei, welche auf den darauf abgebildeten Kopf von Erdogan gerichtet war, sei im gesamten Kontext nicht zwingend eine Aufforderung zu Tötung.

Man könne die Pistole auch als Symbol für das gesamte Instrumentarium von Erdogan verstehen, das laut Transparent gegen ihn zu richten sei. Bei politischen Kundgebungen seien Plakate häufig provokativ. Der Richter sagte auch, nur der öffentliche Friede in der Schweiz werde durch den fraglichen Artikel des Strafgesetzbuchs geschützt. Es sei fraglich, ob dieser Friede durch die relativ geringe Anzahl von Personen, welche das Plakat gesehen hätten, gefährdet gewesen sei.

Prozess sorgte für Aufsehen

Selten zuvor war in der Schweiz eine Gerichtsverhandlung derart politisch aufgeladen. «Schande über Euch»: Sogar Erdogan selbst äusserte sich an die Adresse der Schweiz. Aus Sicherheitsgründen fand der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Identität der beschuldigten Personen blieb geheim.

Das Plakat wurde im März 2017 am Rand einer Kundgebung für Demokratie in der Türkei mitgeführt. Dies acht Monate nach einem gescheiterten Putschversuch und drei Wochen vor einer Volksabstimmung über mehr Macht für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Organisiert wurde diese Demonstration von kurdischen Vereinen, der SP und den Grünen sowie weiteren Organisationen. Im Verlauf des Nachmittags stiess zu dieser Hauptkundgebung eine Gruppe von rund 150 Personen, welche sich beim alternativen Berner Kulturzentrum Reitschule besammelt hatten. Sie hatte das umstrittene Plakat bei sich. Auf diesem Plakat war auch der Kopf des türkischen Präsidenten Erdogan zu sehen und eine Pistole, die auf ihn gerichtet war.

Nachrichten, 9.3.2022, 11.00 Uhr ; 

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