Seit Jahren wird in der Europäischen Union über den weit verbreiteten Unkrautvernichter gestritten. Heute der Entscheid: Glyphosat erhält für weitere fünf Jahre eine Zulassung.
Auch in der Schweiz wird das Pestizid versprüht – laut der Stiftung für Konsumentenschutz sind es 300 Tonnen jährlich. Ob und welche Auswirkungen der Stoff auf Menschen und Umwelt hat, da sind sich Experten noch nicht einig. Dafür sind sich offenbar alle darüber einig, dass man Glyphosat nicht 1:1 ersetzen kann.
Umdenken beim Anbau nötig
Um mit anderen Herbiziden die gleiche Wirkung erzielen zu können, müsste man laut Experten viel mehr davon einsetzen. Die grosse Menge wäre dann toxischer für die Umwelt als die Verwendung von Glyphosat.
Welche nachhaltigen Alternativen gibt es also? Laut Urs Niggli, Direktor und Qualitätsverantwortlicher des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) in Frick, muss das ganze Anbausystem geändert werden:
Beim Anbau müssten verschiedene Kulturen öfters abgewechselt werden. Zudem müsste man zwischendüngen. Wenn möglich, müssten alle zwei Jahre Gras und Klee ausgesät werden oder man müsste mit einer Untersaat arbeiten. «Dann hat man keine Probleme mit Unkräutern», erklärt Niggli.
Bei konkurrenzschwachen Kulturen spritzt der IP-Bauer ein selektives Herbizid. Der Bio-Bauer setzt eine Maschine zur mechanischen Unkrautbekämpfung ein (zum Beispiel einen Striegel oder ein Hackgerät).
Säure und elektrische Spannung im Boden
Zurzeit experimentiert man laut Niggli mit Pelargonsäure. Ein Stoff, der aus Geranienpflanzen gewonnen oder auch chemisch hergestellt werden kann. «Aber wenn man es wie Glyphosat in riesigen Mengen ausbringen würde, würde sicher irgendwo eine nachteilige Wirkung gemessen werden», so Niggli. Zudem ist die Säure nur sehr schwach wirksam.
Geforscht wird derzeit auch mit elektrischer Spannung im Boden. «Dies hat gewisse Wirkungen, ist aber noch nicht praxisreif», sagt Niggli. Auch diese Methode ist im Vergleich zu Glyphosat nur sehr schwach wirksam.
Andere Experten setzen in Zukunft auf Agrarroboter:
Für Niggli ist die nachhaltigste Lösung, das Anbau-System umzustellen. Also die Rückkehr zu einem vielfältigen Anbau.
Dann ist Schluss mit billigem Kraftfutter und billigem Fleisch.
«Dann ist Schluss mit billigem Kraftfutter und billigem Fleisch», sagt er. Warum? Dank Glyphosat war es möglich, auch rasch erodierende Böden zu kultivieren. Dies, weil sie nicht gepflügt werden müssen, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden. Zudem konnte man sich auf eine bis zwei Kulturen konzentrieren.
Die ganze Mechanisierung wurde dadurch stark vereinfacht. Riesige Regionen bauten nur noch eine bis zwei Kulturpflanzen an. Das vereinfachte die Logistik und den Abtransport enorm. Das Ergebnis: billiges Viehfutter wie Mais und Soja und schliesslich billiges Fleisch in ganz Europa, erklärt Niggli.
Umdenken auch beim Konsument nötig
Eine totale Umstellung auf Biolandbau wäre laut Niggli nicht folgenlos. Würde man in der Schweiz grundsätzlich nur Biolandbau betreiben, wären 25 Prozent weniger Ertrag die Folge. Dies müsste mit weniger Fleischkonsum kompensiert werden. Vor allem Fleisch, das mit Kraftfutter produziert wird, wäre betroffen. Und nicht zuletzt müsste es weniger Lebensmittelverschwendung geben. Pro Kopf etwa die Hälfte weniger.