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Umstrittenes Polizeigesetz Kein Handy-Paragraf im Thurgauer Polizeigesetz

Auch im Thurgau bleibt es dabei: Für Handy- und Hoteldurchsuchungen braucht die Polizei einen Durchsuchungsbeschluss.

Das neue Thurgauer Polizeigesetz hat für Schlagzeilen gesorgt: Es sei das schärfste der Schweiz, hiess es in den Medien. Die Thurgauer Regierung wollte der Polizei das Recht geben, präventiv Handy-Inhalte zu überprüfen oder Hotelzimmer zu durchsuchen.

Das Kantonsparlament hat nun den Plänen der Regierung nach langem Hin und Her einen Riegel geschoben. Es hat sich am Mittwoch gegen den sogenannten Handyparagrafen entschieden und damit eine Kehrtwende gemacht.

Widerstand seitens FDP

Seit über einem Jahr bearbeiten Regierung und Parlament diese Revision des Polizeigesetzes. Noch im Sommer hatte sich eine Mehrheit für solche Handykontrollen ausgesprochen. Die Polizei sollte nicht erst tätig werden, wenn eine unmittelbare Gefahr droht oder eine Straftat schon passiert ist. Dies müsse bereits im Vorfeld geschehen. So soll der Polizist bei einer Verkehrskontrolle gleich auch noch präventiv die Fotos oder SMS auf dem Handy des Autolenkers überprüfen dürfen.

Verstoss gegen Bundesrecht

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Diese neuen Bestimmungen im Polizeigesetz verstossen gegen Bundesrecht, schrieb FDP-Geschäftsführerin Marie-Theres Brühwiler im Mai in einer Medienmitteilung.

Die FDP-Fraktion habe sich in der ersten Lesung des Grossen Rats erfolgreich gegen diese Eingriffe in die Privatsphäre gewehrt, heisst es weiter. Daraufhin habe sie eine Professorin und einen Privatdozenten an der Universität Zürich mit einem Kurzgutachten beauftragt. Dieses bestätige nun den Standpunkt der FDP. Das Gutachten bemängle unter anderem das Fehlen «griffiger Konturen».

Grosser Widerstand kam da von der FDP. Sie machte wegen der geplanten vorsorglichen Polizeiinterventionen verschiedene Verstösse gegen Bundesrecht geltend. Ihre Haltung untermauerte sie mit zwei Rechtsgutachten. Das Parlament unterstütze schliesslich den Antrag auf Rückweisung an die Kommission. Diese hat die Kritik aufgenommen und dem Parlament eine abgeschwächte Version des Gesetztes vorgelegt.

Wir verabschieden ein modernes Gesetz, das schweizweit Beachtung finden wird
Autor: Cornelia Komposch Thurgauer SP-Regierungsrätin

Nach langer Diskussion waren sich am Mittwoch alle Fraktionen einig, das Polizeigesetz in der vorliegenden Fassung ohne Handyparagraf zu unterstützen. Die zuständige Regierungsrätin Cornelia Komposch erwähnte den aus ihrer Sicht «höchst demokratischen» Prozess und sagte: «Wir verabschieden ein modernes Gesetz, das schweizweit Beachtung finden wird.»

Die Thurgauer Polizei soll demnach nicht das Recht bekommen, elektronische Geräte vorsorglich zu überprüfen, sondern auch in Zukunft nur mit einem Durchsuchungsbeschluss der Staatsanwaltschaft.

Das neue Polizeigesetz soll eine effektivere Kriminalitätsbekämpfung ermöglichen, ohne jedoch die Rechte der Bürgerinnen und Bürger einzuschränken
Autor: Cornelia Komposch Thurgauer Justizdirektorin

Das Gleiche gilt für Durchsuchungen in Hotelzimmern, Restaurants, Erotikbetrieben oder Asylunterkünften. «Das neue Polizeigesetz soll eine effektivere Kriminalitätsbekämpfung ermöglichen, ohne jedoch die Rechte der Bürgerinnen und Bürger einzuschränken», sagte dazu Justizdirektorin Cornelia Komposch.

Neu erlaubt: Bodycams und Autonummern-Scanner

Einige Punkte blieben unbestritten, und mit ihnen erhält die Thurgauer Polizei trotz allem viele neue Rechte in Sachen Prävention und Überwachung. So sollen Thurgauer Polizistinnen und Polizisten in Zukunft an den Uniformen Kameras, sogenannte Bodycams, tragen. Und Grossanlässe sollen mit Video überwacht werden dürfen. Zur Überwachung ist es der Polizei ausserdem erlaubt, Autonummern automatisch via Scanner zu erfassen.

Die Schlussabstimmung über das revidierte Polizeigesetz findet an der nächsten Parlamentssitzung Ende November statt.

SRF1 Regionaljournal Ostschweiz, 8.11.2023; 12:03 Uhr ; 

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