Die Verkehrspolitik und die Stadt St. Gallen – es harzt. Erst kürzlich präsentierte die Stadt ein umstrittenes, fast flächendeckendes Tempo-Regime mit 30 km/h bis 2028.
Jetzt legt das Stadtparlament nach, diesmal geht es um einen geplanten Autobahnanschluss an die A1 beim Güterbahnhof mitten in der Stadt. Da soll es nun nämlich zu einer Kehrtwende kommen. Das Stadtparlament hat am Dienstag ein entsprechendes Postulat mit 35 zu 26 Stimmen gutgeheissen.
Brache, Kulturzentrum, Autobahnanschluss?
Aktuell bietet das Areal immerhin ein kleines soziokulturelles Zentrum in Containern. Mit Ateliers, Werkstätten, einem Restaurant, Kulturräumen, Orten zum Verweilen. Daneben führt eine Velostrasse aus dem Stadtzentrum Richtung Westen. Früher lag es jahrelang brach.
Geplant ist dort seit Jahren ein Projekt des Bundesamts für Strassen (Astra), des Kantons und der Stadt, welches eine Teilspange zum Güterbahnhof vorsieht. Das heisst: ein unterirdischer Zubringer von der A1 von Zürich ins Zentrum. Zudem soll mit einem weiteren Tunnel in Richtung Appenzell der Weg vom Alpstein auf die Autobahn verkürzt werden.
Volksentscheid von 2016 für den Anschluss
Das bekämpft die politische Linke seit Jahren. «Unnötig, der Ort ungeeignet, Förderung von noch mehr Verkehr», lauten da die Argumente. 2016 lehnte die Stadtbevölkerung eine SP-Initiative gegen den Autobahnanschluss ziemlich deutlich ab. Doch der Widerstand hielt an. Ein Verein, der dagegen kämpfte, wurde gegründet.
Am Dienstagnachmittag, als sich das St. Galler Stadtparlament im Waaghaus am Marktplatz zur Debatte einfand, standen unter anderem Mitglieder ebendieses Vereins Spalier und begrüssten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit Schildern, die für den Kampf gegen die Teilspange warben. Vielleicht das letzte Zünglein an der Waage.
Hitzige Diskussion nach Linken-Vorstoss
Im Parlament wurde teils hitzig diskutiert. Die SP, GLP und die Grünen verlangten mit einem Vorstoss vom Stadtrat, sich zurückzuziehen und dem Bund sowie dem Kanton klarzumachen, dass die Stadt gar keinen Autobahnzubringer wolle. Dieser sei völlig aus der Zeit gefallen, heisst es beispielsweise von GLP-Parlamentarier Marcel Baur: «Neue Strassen sind keine Lösung für die heutigen Verkehrsprobleme.»
Auch Elektrofahrzeuge brauchen Strassen.
Die Bürgerlichen, namentlich die Mitte/EVP, die FDP und die SVP wollten nichts vom Planungsstopp wissen. Sie stützten sich dabei auf den Volksentscheid von 2016. Der Autobahnanschluss sei der Wille der Bevölkerung und eine Chance, das Verkehrsproblem zu lösen. FDP-Parlamentarierin Liliane Kobler: «Die Mobilität nimmt zu. Auch Elektrofahrzeuge brauchen Strassen, auch wenn man das laut Argumenten gewisser Kreise auch anders sehen könnte.»
Stadtrat muss Bericht liefern
Nach einer Stunde Debatte über Sinn und Unsinn des Autobahnanschlusses erklärte die Mehrheit des St. Galler Stadtparlaments das Postulat für den Planungsstopp für erheblich. Der Stadtrat muss nun in einem Bericht aufzeigen, was auf dem Areal des Güterbahnhofs genau geplant ist.
Die Diskussion ist damit keineswegs beendet. Der Widerstand gegen das Projekt der Teilspange Güterbahnhof wird durch das Votum des Stadtparlaments noch unterstrichen. Fortsetzung folgt.