Was den Leiter des St. Galler Metallveredelungsbetriebs angetrieben hat, ist unbekannt. Vielleicht war es einfach nur das Geld. Aktenkundig ist: Mehrmals wies er seinen Mitarbeiter an, das Abwasser aus einer Tauchbadanlage über einen Schlauch auf eine Wiese zu leiten und dort versickern zu lassen. Eine giftige Ladung Schwermetalle verschwand so.
Ein Umweltverbrechen, sagt Martin Anderegg, Leiter der Abteilung Recht beim St.Galler Amt für Umwelt: «Normalerweise müsste man diese Sonderabfälle konform entsorgen. Das kann schnell tausende Franken kosten.» Wenn ein Unternehmen nun fände, es könne die Kosten sparen und einfach «den Abfluss öffnen», sei das vorsätzliches Verhalten.
Die meisten Umweltverbrechen werden vorsätzlich verübt – man nimmt also in Kauf, dass an der Umwelt ein grosser Schaden angerichtet wird. Oft werden die Täter nicht erwischt. Oder sie kommen mit einer Busse davon. Das soll sich ändern, findet der Bundesrat. Eine Koordinationsgruppe mit Vertretern aus den Kantonen soll sich mit der Umweltkriminalität auseinandersetzen und Lösungen vorschlagen.
Was tun?
Eine solche Gruppe sei nötig, weil in dem Bereich viele Akteure zusammenarbeiten müssten, so Anderegg: «Auf Stufe des Bundes sind es diverse Bundesämter, dazu kommen kantonale Umwelt- und Polizeibehörden, schliesslich die Strafverfolgungsbehörden.» Bei einem Umweltdelikt müssen sie federführend mit anderen Behörden agieren, etwa dem Umweltamt.
Im Kanton St.Gallen arbeiteten die Behörden bereits heute intensiv zusammen, sagt Anderegg. So könne das Amt für Umwelt in einem Strafverfahren das Parteirecht übernehmen und sich als Anwalt für die Umwelt einsetzen.
Im schweizerischen Strafgesetzbuch gibt es nur eine strafrechtlich relevante Bestimmung – da geht es um die Verunreinigung von Trinkwasser.
Diese Möglichkeit stünde den Umweltbehörden aber nicht in allen Kantonen zur Verfügung: «Es gibt Kantone, die nur eingeschränkte Parteirechte haben. Und es gibt immer noch Behörden, die den Kantonen gar keine Parteirechte geben.» Zum Beispiel Graubünden, die beiden Appenzell, die beiden Basel, Luzern, oder die Waadt.
Hinzu komme, dass die Strafbestimmungen im falschen Gesetz verankert seien: «Sie sind beispielsweise im Umweltschutz- oder im Gewässerschutzgesetz verankert. Im schweizerischen Strafgesetzbuch gibt es nur eine strafrechtlich relevante Bestimmung – da geht es um die Verunreinigung von Trinkwasser.»
Heute hat das Umweltstrafrecht häufig den Charakter von Kavaliersdelikten.
Als Mitglied der Koordinationsgruppe schlägt Anderegg deshalb vor, dass die strafrechtlichen Bestimmungen nicht mehr im Umweltschutzgesetz, sondern neu im Strafgesetzbuch verankert werden sollen: «Heute hat das Umweltstrafrecht oft den Charakter von Kavaliersdelikten. Wenn man diese Aufgabe ins Strafgesetzbuch übernehmen könnte, hätte das Signalwirkung.»
Anderegg räumt ein, dass dieses Vorhaben auf Widerstand stossen wird: «Es dürfte schwierig werden, das politisch durchzusetzen. Man ist seit vielen Jahren daran und ist keinen Schritt weiter.» Mehr Chancen gibt Anderegg dem Instrument der «Einziehung».
Ein Beispiel: Die korrekte Entsorgung der Abwässer hätte den St. Galler Metallveredelungsbetrieb 15'000 Franken gekostet. Dieses eingesparte Geld werde vom Betrieb nun zurückverlangt – als Ersatzforderung.
Das Instrument könnten die Strafverfolgungsbehörden zwar schon heute einsetzen, doch die wenigsten tun es. Aufgabe der Koordinationsgruppe wird es nun sein, auf das Instrument der Einziehung aufmerksam zu machen – und auf eine Verschärfung des Umweltstrafrechts hinzuwirken.